Direkt zum Inhalt

Energiepartnerschaften und Finanzierungschancen für den Wiederaufbau der Ukraine

Die ukrainische Energieinfrastruktur ist immer wieder Ziel russischer Angriffe. Durch Förderinstrumente und strategische Partnerschaften entstehen bereits jetzt neue Investitionschancen im Bereich erneuerbarer Energien und beim nachhaltigen Wiederaufbau. Foto: A. Metz
27.08.2025
Dritte Ausgabe der Webinarreihe „Team Deutschland – Den Wiederaufbau der Ukraine gemeinsam voranbringen“ / Thema: Energieversorgung, Energietechnik, Erneuerbare Energien

Am 27. August 2025 fand der dritte Teil der interaktiven Webinarreihe „Team Deutschland – Den Wiederaufbau der Ukraine gemeinsam voranbringen“ statt. Die Veranstaltung wurde vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und PwC organisiert. Über 100 Teilnehmende folgten der Einladung, um sich über aktuelle Entwicklungen, Förderinstrumente und konkrete Geschäftschancen im ukrainischen Energiesektor zu informieren. Das Webinar wurde in Kooperation mit GTAI, Berlin Economics und der Plattform Wiederaufbau Ukraine durchgeführt.  

Förderinstrumente und Finanzierungsmöglichkeiten

Felix Graf (PwC Deutschland) eröffnete das Webinar mit einem Überblick über die Investitionsgarantien der Bundesregierung für Energieprojekte in der Ukraine. Im Anschluss stellte Dörte Meyn (Euler Hermes) die Exportkreditgarantien vor, die trotz hoher Risikokategorie weiterhin Absicherungen ermöglichen – insbesondere für klimafreundliche Projekte. Alexander Klein (DEG) präsentierte das Förderprogramm ImpactConnect, das deutschen Unternehmen Finanzierungsmöglichkeiten bis zu zehn Millionen Euro bietet. Die Ukraine ist eines der Pilotländer, in denen das Programm bereits erfolgreich umgesetzt wird. Erfolgsbeispiele aus 21 Ländern mit 87 Projekten und einem Gesamtvolumen von 294 Millionen Euro wurden vorgestellt. Ziel ist es, die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu stärken und gleichzeitig zur nachhaltigen Entwicklung in Partnerländern beizutragen.

Eine Kooperation für Wiederaufbau und Modernisierung

Dr. Cyriac Massue (BMWE) betonte die strategische Bedeutung der deutsch-ukrainischen Energiepartnerschaft im Kontext des EU-Beitritts und der Energiewende. Die deutsch-ukrainische Energiepartnerschaft, basierend auf einem Regierungsabkommen von 2012, spielt eine strategische Rolle im Kontext des EU-Beitritts und der Energiewende. Sie bildet den Rahmen für die Zusammenarbeit zur Modernisierung des ukrainischen Energiesystems und zur Unterstützung der durch den Krieg stark beschädigten Infrastruktur. Seit 2022 wurden rund 390 Millionen Euro in den Ukraine Energy Support Fund eingezahlt, um den Bedarf ukrainischer Energieversorger an Ersatzteilen zu decken. Die Partnerschaft umfasst sowohl kurzfristige Nothilfemaßnahmen als auch langfristige Ansätze zur Stabilisierung der Geschäftsmodelle und zum Ausbruch aus dem Reparaturkreislauf beschädigter Anlagen.

Niklas Gehrke (KfW Entwicklungsbank) stellte konkrete Lieferchancen für deutsche Unternehmen in KfW-geförderten Energieprojekten in der Ukraine vor. Hauptpartner sind Ukrenergo und der Ukraine Energy Support Fund, der von 21 Geberländern mit 1,2 Milliarden. Euro ausgestattet ist. Die Vergabe erfolgt nach KfW-Richtlinien, Ausschreibungen sind auf uesf.fund und gtai.de veröffentlicht. Aktuelle Bedarfe umfassen Hochspannungsausrüstung wie Schaltanlagen, Transformatoren und mobile Umspannwerke. Rund zwei Drittel der Finanzierungen erfolgen als Zuschüsse.

Chancen durch erneuerbare Energien und grüne Wertschöpfungsketten

Sebastian Jasim (BEE) hob hervor, dass erneuerbare Energien in der Ukraine nicht nur zur Versorgungssicherheit beitragen, sondern auch bereits durch konkrete Projekte vor Ort präsent sind. Beispiele sind die Solarhilfskampagne von BSW Solar für Schulen und Krankenhäuser, die Wasserentsalzungsanlage von Boreal Light in Mykolajiw sowie Wind- und Biogasprojekte mit deutscher Beteiligung. Die Kooperationen stärken lokale Kapazitäten, fördern Standardangleichung und unterstützen Initiativen wie den Women Energy Club Ukraine.

Robert Kirchner (Berlin Economics) stellte eine Studie zu grünen Wertschöpfungsketten vor. Die Studie zeigt, dass die Ukraine großes Potenzial für die Lokalisierung von Produktionskapazitäten in grünen Wertschöpfungsketten wie Solarenergie, Windkraft und Batterietechnologie besitzt. Besonders die Herstellung von Komponenten wie Solarmodulen, Windturbinenblättern und Batteriestationen könnte zur wirtschaftlichen Erholung und zur Integration in europäische Lieferketten beitragen. Trotz Herausforderungen wie hoher Finanzierungskosten und beschädigter Infrastruktur bietet die Kombination aus heimischen Rohstoffen, qualifizierten Arbeitskräften und EU-Nachfrage eine strategische Chance.  

Dr. Oleksiy Feliv (INTEGRITES) betonte die zentrale Rolle von Offtake-Vereinbarungen für die Finanzierung erneuerbarer Energieprojekte in der Ukraine. Da der garantierte Einspeisetarif für neue Projekte nicht mehr verfügbar ist, gewinnen alternative Modelle wie wertbasierte Ausschreibungen und virtuelle Abnahmeverträge an Bedeutung. Ein EU-gestützter De-Risking-Fonds soll ab Anfang nächsten Jahres Investitionen durch garantierte Mindestpreise absichern. Ziel ist es, internationale Elektrizitätshändler nach dem Krieg zu gewinnen und die Projektfinanzierung langfristig zu stabilisieren.

Niklas Dürr-Pallin (Deloitte) analysierte die Auswirkungen der EU-Energiepolitik auf die ukrainische Industrie und betonte, dass die Umsetzung der Klimaziele große Herausforderungen für die Schwerindustrie mit sich bringt. Gleichzeitig bieten Marktöffnung, sinkende Strompreise und der Wegfall von Handelsbeschränkungen neue Chancen für ukrainische Unternehmen. Der Zugang zu EU-Fördermitteln und gezielte Investitionen sind entscheidend, um Wettbewerbsnachteile auszugleichen.

Finanzielle und regulatorische Herausforderungen aus der Unternehmenspraxis

Claudia Grotz (Siemens Energy) berichtete über die Aktivitäten des Unternehmens in der Ukraine, darunter die Lieferung von Hochspannungsausrüstung zur Stabilisierung des Stromnetzes sowie die Erneuerung von Stromerzeugungsanlagen mit Gas- und Dampfturbinen seit 2023. Siemens Energy entwickelt zudem technische Lösungen für Erdgasspeicher und erneuerbare Energien. Herausforderungen bestehen weiterhin bei Versicherungen, langfristigen Infrastrukturinvestitionen und der Finanzierbarkeit von Stromabnahmeverträgen. Ein Fokus liegt auf der Entwicklung bankfähiger PPAs und der Notwendigkeit internationaler De-Risking-Mechanismen.

Hannes Helm (NOTUS energy) stellte die Aktivitäten seines Unternehmens in der Ukraine vor, das seit 2019 im Bereich Wind- und Solarenergie tätig ist. Besonders hervorgehoben wurden Onshore-Windprojekte mit begleitenden Batteriespeichern, die aufgrund hervorragender physikalischer Bedingungen großes Potenzial bieten. Die Zahl neuer Projekte wächst stark, begleitet von zunehmendem Interesse nationaler und internationaler Investoren. Für die Bankfähigkeit der Projekte ist eine Absicherung des Mindeststrompreises entscheidend. Probleme bei der Preisabsicherung, kriegsbezogenen Leitungsanschlüssen und regulatorische Hürden wie z.B. fehlende Steuerbefreiung bleiben bestehen.

In fünf parallelen Kleingruppen wurden anschließend die Themen Absicherung, Finanzierung, Beteiligungsprogramme, Energietechnik und Erneuerbare Energien vertieft. Besonderes Augenmerk lag in der Session auf der Integration von Solar-, Wind- und Batteriesystemen zur Stabilisierung der Energieversorgung in der Ukraine.  Die Moderation übernahmen Vertreter von PwC, Euler Hermes, DEG, KfW, GIZ, GTAI und der Plattform Wiederaufbau Ukraine. Die Teilnehmenden diskutierten konkrete Projektideen und tauschten Erfahrungen aus der Praxis aus.

Die Veranstaltung zeigte deutlich, dass deutsche Unternehmen eine zentrale Rolle beim Wiederaufbau der ukrainischen Energieinfrastruktur spielen können. Die vorgestellten Förderinstrumente und Partnerschaften bieten attraktive Rahmenbedingungen. Die nächsten Schritte umfassen die Vertiefung der Projektideen aus den Break-Out-Sessions und die gezielte Unterstützung durch den Service Desk Ukraine und die beteiligten Institutionen.

Die Webinarreihe wird fortgesetzt – mit weiteren Branchenschwerpunkten und vertiefenden Formaten. Das nächste Webinar findet am 12. September zum Schwerpunkt Infrastruktur, Transport, Logistik statt. 

Hier finden Sie alle Termine im Überblick.

Kateryna Kyslenko
Service Desk Ukraine im Ost-Ausschuss
 

Kontakt

Kateryna Kyslenko
Leiterin Service Desk Ukraine
T. +49 30 206167-129
K.Kyslenko@oa-ev.de

Diese Seite teilen: