
Anlässlich eines Auswertungsgesprächs zur Ukraine Recovery Conference (URC) in Berlin zogen Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen eine positive Bilanz der eigentlichen Konferenz auf dem Berliner Messegelände, berichteten aber gleichzeitig von gravierenden Problemen bei der Umsetzung von Projekten. Vor allem Finanzierungsfragen bremsen den Wiederaufbau. An der von Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms moderierten Runde nahmen 80 Interessierte teil.
Eine wichtige Neuerung, die im Rahmen der Ukraine Recovery Conference (URC) ins Leben gerufen wurde und für einen engeren Austausch zwischen Privatwirtschaft und Politik sorgen soll, ist das Business Advisory Council (BAC), bestehend aus 17 Unternehmern aus den G7-Plus-Geberländern und der Ukraine. Die Leitung des BAC hat bis zur nächsten Wiederaufbaukonferenz in Italien 2025 Christian Bruch, CEO von Siemens Energy und Stellvertretender Vorsitzender des Ost-Ausschusses, übernommen. Johannes von Karczewski, Head of Government Affairs bei Siemens Energy, stellte als deutscher „Sherpa” die Ziele des neuen Gremiums vor und lud interessierte Unternehmen dazu ein, ihre Projektbeispiele und die dabei gemachten positiven wie negativen Erfahrungen zu teilen, damit diese in der Arbeit des BAC berücksichtigt werden können. Der Fokus des BAC liegt sowohl auf der Verbesserung kurzfristiger Hilfen als auch der Entwicklung mittel- und langfristiger Perspektiven für den Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft. Aktuell liefen bereits Vorbereitungen für ein erstes Follow-Up-Treffen der BAC-Mitglieder Ende des Monats. Der Ost-Ausschuss wird die Arbeit des BAC koordinierend unterstützen und einen engen Austausch mit dem Gremium sicherstellen. Ansprechpartnerinnen sind dazu Alena Akulich, Regionaldirektorin für Osteuropa, sowie Kateryna Kyslenko, die sich in der Online-Runde als neue Leiterin des Service Desk Ukraine im Ost-Ausschuss vorstellte.
Fortschritte hat es im Rahmen der URC auch bei der internationalen Absicherung von Geschäften in der Ukraine gegeben, wie danach Thomas Baum, Head of Underwriting and Risk Management bei Euler Hermes, berichten konnte. Im Rahmen eines Memorandum of Understanding vereinbarten 13 internationale Exportkreditagenturen in Berlin, ihre Arbeit stärker zu koordinieren und sich über Absicherungsinstrumente für die Ukraine auszutauschen. Die Europäische Investitionsbank EIB kündigte an, noch im Sommer ein Finanzierungspaket im Umfang von 300 Millionen Euro zur Risikoabsicherung für europäische Exportkreditagenturen vorzulegen, um Garantieinstrumente insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen zu erleichtern. Im vergangenen Jahr habe Euler Hermes Exportgeschäften im Volumen von 170 Millionen Euro abgesichert, für 2024 liege die aktuelle Zahl bereits bei 100 Millionen Euro. Die Bedingungen für die Vergabe der Warenkreditversicherung seien zudem von der Bundesregierung gelockert worden. Außerdem steige fast täglich die Nachfrage nach einer mittelfristigen Finanzierung von Geschäften. Hier erwarte man in Kürze eine Grundsatzentscheidung der Bundesregierung und den Abschluss erster Geschäfte.
Jana Eschbach vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) erläuterte die auf der URC gestartete Fachkräfteinitiative „Skills Alliance“, der sich mittlerweile Organisationen aus über 50 Ländern angeschlossen hätten, um gemeinsam Projekte zur Aus- und Weiterbildung für Menschen in der Ukraine zu verbessern. Geplant sei in den kommenden drei Jahren im Rahmen der Initiative 180.000 Menschen fortzubilden und somit den Wiederaufbau zu unterstützen. Man wolle dabei keine Parallelstrukturen aufbauen, sondern bestehende Ausbildungsmöglichkeiten stärken und sich etwa um die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen und Abschlüssen kümmern. Unternehmen seien eingeladen, ihre Ausbildungsaktivitäten transparent zu machen, sich und über die Skills Alliance zu vernetzen und ihre Erfahrungen zu teilen. Ein Kick-off-Meeting sei für den 3. September geplant, dazu auch die Einrichtung von Untergruppen und eines Sekretariats. Weitere Informationen zu dieser Initiative gibt es hier.
Während es von Seiten der Unternehmen viel Lob für die eigentliche Organisation der URC gab, in das der Ost-Ausschuss ausdrücklich mit einbezogen wurde, zeigte der Blick auf konkrete Projekte weiterhin gravierende Probleme auf. Genereller Engpass bleibt die Sicherstellung der Finanzierung für Projekte. Natascha Grams von Genesy Capital sieht hier auch beim Engagement der Bundesregierung noch Luft nach oben. Während sich Länder wie Dänemark, Frankreich oder Japan an der Finanzierung von Infrastrukturprojekten in der Ukraine direkt beteiligten und dabei auf Berücksichtigung ihrer einheimischen Unternehmen achteten, sei die Bundesregierung hier zurückhaltend. Dies mache zum Beispiel den Wiederaufbau von Brücken mit deutscher Beteiligung schwierig, obwohl der Bedarf in der Ukraine immens sei.
Aus anderen Gründen schwierig ist die Lage der Solarbranche in der Ukraine, wie Björn Heidrich von Eltec Green Energy erläuterte. Einerseits würden dringend dezentrale, grüne Energieprojekte benötigt, um die Stromversorgung in Kriegszeiten sicherzustellen. Andererseits sei das durch Luftangriff massiv geschädigte ukrainische Energienetz aber derzeit gar nicht in der Lage, den Anschluss von neuen Solarkraftwerken technisch zu verkraften. „Aber der Krieg wird eines Tages enden“, bleibt Heidrich optimistisch. „Daher machen solche Projekte durchaus Sinn.“
Zwei Termine sollten sich Unternehmen, die am Wiederaufbau der Ukraine weiter mitarbeiten wollen, bereits vormerken: Am 17. September planen Ost-Ausschuss und DIHK eine gemeinsame Runde zum Thema Finanzierung. Diese soll dann der Vorbereitung des 7. Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforums dienen, das für den 11. Dezember 2024 neu angesetzt ist. Dann will auch Bundeskanzler Olaf Scholz wieder mit von der Partie sein.
Andreas Metz,
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft
Andreas Metz
Leiter Public Affairs
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