Unternehmen in Mittel- und Südosteuropa reagieren auf geopolitische Unsicherheiten und wirtschaftliche Belastungen mit einer klaren Strategie: Sie investieren gezielt in bestehende Märkte, setzen auf digitale Technologien zur Automatisierung und Effizienzsteigerung und optimieren ihre Kostenstrukturen, um trotz Inflation und Fachkräftemangel wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies sind zentrale Ergebnisse einer Umfrage der Unternehmensberatung Horváth unter Führungskräften in Mittel- und Südosteuropa, die vom Ost-Ausschuss unterstützt und begleitet wurde. Die Studie „Business Trends in Central and Eastern Europe 2025“ beleuchtet, wie Unternehmen in Mittel- und Südosteuropa (MOE) mit aktuellen und längerfristigen makroökonomischen und strategischen Herausforderungen umgehen. Sie basiert auf ausführlichen persönlichen Interviews mit 130 Top-Führungskräften aus 14 verschiedenen Branchen in acht mittel- und südosteuropäischen Ländern.
„Die Region befindet sich nicht länger nur im Aufholprozess“, sagt Maria Boldor, Expertin für Mittel- und Osteuropa und Partnerin bei Horváth. „Vielmehr positioniert sich Mittel- und Südosteuropa aktiv neu. Eine stärker intern getriebene Expansion und strategische öffentliche Investitionen verändern die Rolle der Region in der europäischen Wirtschaftslandschaft.“ Anstatt vorrangig auf den Export zu setzen, investieren Staaten und Unter-nehmen verstärkt in lokale Strukturen und Wertschöpfung.
„Besonders Polen hat sich zum wirtschaftlichen Stabilitätsanker der Region entwickelt“, sagt Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses. „DasLand zieht die meisten Investitionen an und zeigt sich sehr widerstandsfähig gegenüber globalen Schocks. Das liegt auch an der starken Binnennachfrage.“ Dies spiegelt sich auch in den deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen wider: Polen ist Deutschlands fünftwichtigster Handelspartner und liegt nur noch knapp hinter Frankreich. Dabei übertreffen die deutschen Exporte nach Polen die Exporte nach China bereits deutlich.
Gleichzeitig gefährden politische Unsicherheiten in Ungarn und der Slowakei die wirtschaftliche Stabilität und erhöhen die Risiken für die gesamte Region. Eine weitere strukturelle Herausforderung bleibt die große Exportabhängigkeit von Deutschland – insbesondere für Tschechien, Ungarn und die Slowakei –, welche die Verwundbarkeit gegenüber externen Schocks erhöht. „Vor diesem Hintergrund setzen Unternehmen in der Region auf technologische Innovation und operative Verbesserungen“, so Boldor. „Dazu gehören die Digitalisierung von Unternehmensfunktionen und die Optimierung von Kosten- und Gewinnstrukturen – auch unter Einsatz Künstlicher Intelligenz.“ Die Studie zeige, dass Wachstum vor allem dort angestrebt wird, wo bereits Marktkenntnis und Kundenbindung bestehen – neue Geschäftsfelder würden vorsichtiger erschlossen. Nur rund 16 Prozent der Unternehmen verfolgen eine umfassende Diversifizierungsstrategie.
Während Unternehmen in anderen Weltregionen vor allem mit Handelszöllen und regulatorischen Hürden kämpfen, stehen für Firmen in Mittel- und Osteuropa derzeit vor allem hausgemachte Herausforderungen im Vordergrund. An erster Stelle steht die Inflation. Sie gilt branchenübergreifend als größter Belastungsfaktor, sowohl im Dienstleistungs- als auch im Industriesektor. Auf Platz zwei der größten Herausforderungen rangiert der Fachkräftemangel. Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten bleibt der Arbeitsmarkt in vielen Ländern der Region angespannt. Die geringe Arbeitslosigkeit und demografische Entwicklungen verschärfen die Situation zusätzlich. An dritter Stelle stehen die gestiegenen Zinsen. Sie erhöhen nicht nur die Finanzierungskosten, sondern verstärken auch den allgemeinen Kostendruck, was insbesondere für investitionsintensive Branchen problematisch ist.
Trotz globaler Handelskonflikte zeigen sich die meisten Unternehmen in Mittel- und Osteuropa – mit Ausnahme der Automobilbranche und der Banken - kaum von US-Zöllen auf EU-Waren betroffen. Der Grund dafür ist, dass die Exportausrichtung der Unternehmen klar auf Europa, insbesondere auf Deutschland, liegt, wodurch unmittelbare Belastungen durch US-Handelsmaßnahmen weitgehend abgefedert werden.
Die digitale Transformation steht bei den befragten Führungskräften ganz oben auf der Agenda, gefolgt von der Optimierung der Kosten- und Gewinnstrukturen sowie der Cyber-sicherheit. Während Dienstleistungsunternehmen die digitale Transformation als oberste Priorität sehen, konzentriert sich die Industrie an erster Stelle auf Kostenkontrolle und Ergebnisverbesserung - insbesondere angesichts steigender Materialpreise, geopolitischer Unsicherheiten und wachsender Wettbewerbsintensität.
Industrieunternehmen setzen vorrangig auf mengengetriebenes Wachstum, um die Produktionsauslastung zu sichern. Dienstleister fokussieren sich dagegen stärker auf Preisstrategien und hochwertige Angebote, um ihre Margen zu verbessern. Dabei setzen die Unternehmen auf bewährte Produkte, während Forschung und Entwicklung eine geringere Rolle spielen als im weltweiten Vergleich.
Die Studie basiert auf persönlichen Tiefeninterviews mit 130 Vorstands- und Geschäftsführungsmitgliedern von Unternehmen aus 14 verschiedenen Branchen in Kroatien, Polen, Rumänien, Serbien, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Die Auswertung wurde im August 2025 abgeschlossen und ist eine Sonderanalyse der sechsten Ausgabe der globalen „CxO Priorities Study“ von Horváth.
Die Auswertung zur Studie finden Sie nachstehend als Download.
Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation
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