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Usbekistan bietet sich als Partner an

Gruppenbild mit Premier: v.l.n.r.: Manfred Grundke (Ost-Ausschuss), Volker Treier (DIHK), Ministerpräsident Aripov, Michael Harms (Ost-Ausschuss); Hovsep Voskanyan, AHK Zentralasien. OA; Foto: OA / Tatsiana Suermann
01.03.2023
Großer Andrang beim Deutsch-Usbekischen Businessforum in Berlin mit Premier Aripov/ Grüne Transformation und Ausbildung im Fokus

Der Andrang war groß: Über 300 Teilnehmer aus Deutschland und Usbekistan besuchten am 1. März das Deutsch-Usbekische Businessforum im Berliner Haus der Deutschen Wirtschaft, an dem auch der usbekische Ministerpräsident Abdulla Aripov teilnahm. Seit der wirtschaftlichen Öffnung des Landes 2016 unter Staatspräsident Shavkat Mirzijojev, aber erst recht seit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist Usbekistan wie die gesamte Region Zentralasien als Standort und Drehkreuz nach Asien in den Fokus der deutschen Wirtschaft gerückt. Im vergangenen Jahr hat sich der deutsch-usbekische Handel auf 1,4 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Der frühere Ost-Ausschuss-Vorsitzende Klaus Mangold brachte die gewachsene Bedeutung des bevölkerungsreichsten zentralasiatischen Landes auf den Punkt, als er bemerkte, dass vor zehn Jahren vielleicht 30 Teilnehmer zu einer Usbekistan-Veranstaltung gekommen wären. 

Begrüßt wurden die Besucher von DIHK-Außenwirtschaftschef und Ost-Ausschuss-Präsidiumsmitglied Volker Treier und Ost-Ausschuss-Vorstand Manfred Grundke. Die große Beteiligung sei nicht zuletzt ein Ergebnis des stetigen und nachhaltigen Reformprozesses der usbekischen Regierung, sagte Grundke, der zugleich Sprecher des Arbeitskreises Zentralasien im Ost-Ausschuss ist. „Insbesondere freut uns, dass viele der Reformen die Rahmenbedingungen für die Unternehmen im Land entscheidend verbessert haben“, sagte Grundke. „Liberalisierung, mehr unternehmerische Freiheit, deregulierte Branchen und die Marktöffnung bieten eine solide Grundlage für ein nachhaltiges Engagement internationaler Unternehmen.“ Beleg dafür seien die vielen konkreten Projekte, die die Ost-Ausschuss-Mitgliedsunternehmen vorantrieben. „Zentralasien im Allgemeinen und Usbekistan im Besonderen werden als östliche Brückenköpfe nach China und Asien und als alternative Standorte zum russischen Markt an Gewicht gewinnen“ sagte Grundke. Deutschland und Europa hätten sich in einer Rekordzeit energiepolitisch emanzipiert, deutsche Unternehmen setzten zunehmend auf alternative Standorte und Märkte. „Usbekistan gehört unbedingt dazu“, so Grundke.

Aripov: „Sie werden Ihre Investitionen in Usbekistan nicht bereuen“

Aripov griff in seiner Key Note die Brückenfunktion seines Landes auf, die es schon zur Zeit der alten Seidenstraße gegeben habe. Die Zahl deutscher Unternehmen in seinem Land habe sich in wenigen Jahren auf über 200 verdreifacht. Mehr als zwei Milliarden Euro hätten deutsche Unternehmen allein in den vergangenen zwei Jahren in Usbekistan investiert. Dies sei auch eine Folge der strukturellen Reformen, die der Präsident vor sechs Jahren angestoßen habe. „Dis ist ein Prozess, bei dem es kein Zurück geben wird“, versicherte der Premier: „Das möchte ich betonen.“ Meilensteine des Reformwegs waren eine weitgehende Liberalisierung und Deregulierung der Wirtschaft sowie Steuersenkungen, zuletzt der Mehrwertsteuer. Ausgewählte Branchen wie die Landwirtschaft und der IT-Sektor sind zudem von der ohnehin geringen Gewinnsteuer in Höhe von fünf bis zehn Prozent befreit. „Sie werden ihre Investitionen in Usbekistan nicht bereuen“, versprach Aripov. „Wir werden die entsprechenden Rahmenbedingungen garantieren.“

Der Premier stellte die Schwerpunkte der neuen Entwicklungsstrategie von 2022 vor, darunter die Förderung ausländischer Direktinvestitionen, die Privatisierung in der Chemie- und Autoindustrie, der Verkauf staatlicher Immobilien und die Beteiligung privater Investoren an Infrastrukturprojekten im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften. Daneben treibt das Land die Grüne Transformation voran und will den Ausstoß von Treibhausgasen bis spätestens 2030 um 30 Prozent drücken. Dazu sollen die Erneuerbaren Energien ausgebaut, die Energieeffizienz erhöht und generell grüne Technologien – nicht zuletzt aus Deutschland - gefördert werden. Ein besonderes Augenmerk gilt der Förderung von Bodenschätzen wie Gold, Wolfram, Kupfer, Zink und Lithium sowie der Entwicklung der IT-Branche. Bei der Berufsausbildung setzt Usbekistan auf gemeinsame Projekte in mit deutschen Unternehmen. „Wenn wir einander unterstützen, können wir unsere beiden Wirtschaften stärken“, sagte Aripov und lud die Teilnehmer zu einem Investitionsforum in Taschkent Ende April ein.

Usbekistan in Take-Off-Phase

In der anschließenden Paneldiskussion zur Grünen Transformation, die von Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms moderiert wurde, präsentierte Energieminister Zhurabek Mirsamahmudov die geplanten Projekte zum Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung. Bis 2030 sind 60 Wind- und Solarprojekte im Umfang von 2,8 Milliarden US-Dollar geplant. Dazu kommen 78 Wasserkraftprojekte, teils in Kooperation mit den Nachbarstaaten. Für ein verstärktes Engagement der deutschen Wirtschaft warb Klaus Mangold. Usbekistan sei in einer „Take-Off-Phase”. Die deutsche Wirtschaft solle sich in die Wertschöpfungskette einklinken. „Usbekistan verfügt über ein Drittel der sensitiven Rohstoffe“, sagte Mangold. „Wir laufen in eine Falle, wenn wir unsere Supply Chain nicht erweitern.“ Mangold regte eine bilaterale AG zur Energie- und Rohstoffpartnerschaft an. Der stellvertretende Wirtschaftsminister Ilkhom Norkulov unterstich, dass Grüne Transformation und Energieeffizienz auch für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes wichtig seien. Usbekistan verbrauche heue noch zwei bis dreimal so viel Energie pro BIP-Einheit wie fortgeschrittenere Länder. Kristina Haverkamp von der dena (Deutsche Energie-Agentur) wies darauf hin, dass der Klimawandel Usbekistan mit seinem großen Agrarsektor und Wassermangel besonders betreffe. „Mit dem Wechsel des usbekischen Energie-Mixes wird auch der Standort interessanter“, sagte Monika Beck von der DEG, die diverse Projekte in Usbekistan finanziert.

Ideale Partner beim Thema Fachkräfte 

Nach dem Panel zur Grünen Transformation lag der zweite Konferenzschwerpunkt auf dem Thema Fachkräfte und Bildung. Dass Deutschland und Usbekistan hierbei ideale Partner wären, verdeutlichen die folgenden Zahlenbeispiele, die Moderator Hovsep Voskanyan, Leiter der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Zentralasien, in die Diskussion einbrachte: 60 Prozent der usbekischen Bevölkerung ist heute jünger als 30 Jahre. Während in Deutschland bereits bis zum Jahr 2030 nach verschiedenen Schätzungen zwischen vier und sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen werden, drängen in Usbekistan in den nächsten Jahren jährlich rund 700.000 junge Leute neu auf den Markt, die dann um die wenigen Arbeitsplätze konkurrieren müssen. Von rund 19 Millionen usbekischen Arbeitskräften arbeiten heute bereits rund zwei Millionen im Ausland, vorwiegend in Russland. Dass Deutschland nach Verabschiedung des geplanten Fachkräfteeinwanderungsgesetzes zu einem alternativen Ziel werden könnte, liegt da auf der Hand.

Sowohl Ibrohim Abdurahmonov, usbekischer Minister für Hochschulbildung, Wissenschaft und Innovation, als auch Nosim Husanov, Stellvertretender Minister für Armutsbekämpfung und Beschäftigung, bekräftigen ihr großes Interesse an einer Zusammenarbeit im Bildungsbereich mit Deutschland. Usbekistan wolle sich noch entschlossener als bislang am dualen Ausbildungssystem nach deutschem Vorbild orientieren und die Kapazitäten ausbauen.

Entscheidende Faktoren in der Kooperation, da waren sich alle sieben Panelisten einig, sind die Verbesserung des Ausbildungsqualität für Usbeken im Inland sowie der Ausbau entsprechender Weiterbildungsmöglichkeiten in Deutschland. Dies bezieht sich nicht zuletzt auch auf den Spracherwerb, wobei die deutschen Unternehmensvertreter auf dem Panel an die deutschen Behörden appellierten, die Anforderungen etwas abzuschwächen. Angela Papenburg, Vorstand des Familienunternehmens Günter Papenburg AG, schilderte diesbezüglich die großen Schwierigkeiten, usbekische Lastwagenfahrer für ihr Unternehmen anzuwerben. Innerhalb eines Jahres habe man nur sieben finden können, die die Sprachanforderungen der deutschen Behörden erfüllt hätten, obwohl Deutschkenntnisse im Alltag eines LKW-Fahrers eher eine untergeordnete Rolle spielten. Die Firma Papenburg hat selbst bereits in Ausbildungsmöglichkeiten in Usbekistan investiert und fördert hier auch den Erwerb deutscher Fachsprache. Enrico Rühle, Leiter des Arbeitskreises Fachkräftesicherung im Ost-Ausschuss, wünscht sich zudem etwas mehr Flexibilität und Schnelligkeit bei den deutschen Behörden. Die Wartezeiten für die Beantragung von Aufenthaltstiteln seien weiterhin zu lang.

In der anschließenden Diskussion wurde auf einen weiteren großen Stolperstein bei der Gewinnung von Fachkräften hingewiesen: die fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten in Deutschland. Angesichts knappen Wohnraums appellierte Frau Papenburg an die Bundesregierung, mehr Mittel für Lehrlingswohnheime zur Verfügung zu stellen.

Am Tag vor dem Businessforum fand in Berlin bereits die 7. Sitzung des Deutsch-Usbekischen Wirtschaftsrats statt. Am 2. März schloss sich ein „Tag der usbekischen Wirtschaft“ in Hamburg an, den der Ost-Ausschuss gemeinsam mit der Handelskammer Hamburg und der Botschaft der Republik Usbekistan organisiert. Schwerpunkt werden dann die Themen Logistik und Infrastruktur sowie Handel sein. Usbekistan kann auch in diesen Branchen ein wichtiger Partner der deutschen Wirtschaft werden.

Christian Himmighoffen, Andreas Metz
Abteilung Presse und Public Affairs

Kontakt

Eduard Kinsbruner
Regionaldirektor Zentralasien
T. +49 30 206167-114
E.Kinsbruner@oa-ev.de

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