Nach der erfolgreichen Premiere 2023 in Berlin lockte der zweite „Wirtschaftstag Turkmenistan“ am 30. Oktober 2025 über zweihundert Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft nach Frankfurt. Eingeladen hatte der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft gemeinsam mit dem turkmenischen Konsulat. Zu den Gästen gehörte auch eine große turkmenische Delegation unter Leitung des Vize-Premierministers für Handel und Textilindustrie Nokerguly Atagulyev.
In seiner Eröffnungsrede betonte Atagulyev, die Kombination aus natürlichen Ressourcen und strategischer Lage als Schlüsselvorteil seines Landes. Ziel der Regierung sei es, die Exportpotenziale in Landwirtschaft, Textilwirtschaft und verarbeitender Industrie weiter auszubauen. Er rief deutsche Unternehmen dazu auf, energieintensive Produktionszweige wie die Chemie und die Metallurgie nach Turkmenistan zu verlagern und lockte mit günstigen Energiepreisen von drei Dollar für 1.000 Kubikmeter Gas.
Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, hob das kulturelle Erbe und die positive wirtschaftliche Entwicklung Turkmenistans hervor. Das Land verzeichnete in den ersten neun Monaten 2025 ein Wirtschaftswachstum von rund sechs Prozent. Harms betonte, dass Deutschland angesichts globaler Unsicherheiten neue Märkte wie Turkmenistan brauche.
Die Konferenz knüpfte an die 2023 mit dem Ost-Ausschuss vereinbarte Roadmap an und vertiefte den Austausch in den Sektoren Energie, Landwirtschaft, Gesundheitswesen und Textilindustrie. In Paneldiskussionen, moderiert unter anderem von Vladimir Nikitenko, Regionaldirektor Zentralasien des Ost-Ausschusses, und Per Brodersen, Geschäftsführer der German Agribusiness Alliance, diskutierten Vertreter beider Länder konkrete Projekte und Strategien.
Turkmenistan, das über die viertgrößten Erdgasreserven der Welt verfügt, baut derzeit seine Lieferungen in die Nachbarländer aus. Turkmenisches Gas wird bereits aktiv nach China exportiert; neue Märkte könnten künftig Afghanistan und perspektivisch auch Indien sein. Gleichzeitig arbeitet Turkmenistan eng mit deutschen Energieunternehmen wie Siemens Energy und BASF zusammen, um moderne Technologien in der Energieerzeugung und der chemischen Industrie zu integrieren.
In der ersten Diskussionsrunde, die von Michael Harms moderiert wurde, ging es um bisherige Erfolge und künftige Chancen der Handelsbeziehungen. Andreas Jahn, Vorsitzender des Deutsch-Turkmenischen Forums, betonte die Bedeutung des kulturellen Austauschs und verwies auf gemeinsame deutsch-turkmenische Projekte, die zur Sichtbarkeit Turkmenistans in Deutschland beitragen sollen. Jahn forderte, dass deutsche Unternehmen ihre Wertschöpfungsketten auch nach Zentralasien ausweiten und mehr Risikobereitschaft bei Engagements vor Ort zeigen sollten. Serdar Yusupov, stellvertretender Direktor der Staatlichen Bank für Außenwirtschaft Turkmenistans, würdigte die Zuverlässigkeit deutscher Banken bei gemeinsamen Projekten.
Die Agrardiskussion widmete sich den Innovationen in der Landwirtschaft und Textilindustrie. Vertreter der turkmenischen Seite berichteten von erfolgreichen Projekten in der Wasserwirtschaft sowie von einer Zusammenarbeit turkmenischer landwirtschaftlicher Universitäten mit Deutschland im Bereich Landtechnik und Fachkräfteaustausch. Michael Baier von CLAAS und Peter Sachse von John Deere stellten ihre Aktivitäten im Land vor und erläuterten konkrete Beispiele, wie beide Unternehmen ihre Landtechnik an den turkmenischen Markt anpassen und dabei modernste wassersparende Technologien einsetzen. In der Textilindustrie wurde betont, dass ein Großteil der Maschinen aus Deutschland stammt: In Turkmenistan wurden rund zwanzig Textilbetriebe mit über siebenhundert Maschinen von rund einem Dutzend deutscher Hersteller ausgestattet.
Eine abschließende Diskussionsrunde war der Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheitswesen, Industrie und Verkehr gewidmet. Der stellvertretende Gesundheitsminister Turkmenistans Azat Ovezov stellte verschiedene Projekte zur Modernisierung der medizinischen Infrastruktur vor, darunter die Neuausstattung onkologischer Zentren im Land. Der Vertreter von Siemens Healthineers, das seit 1997 mit einem Büro in Aschgabat vertreten ist, betonte, dass es nicht nur um die Lieferung modernster Medizintechnik gehe, sondern auch um die Ausbildung qualifizierter Fachkräfte, um einen schnellen und nachhaltigen Service vor Ort zu gewährleisten.
Monika Hollacher vom Verband der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer VDMA wies darauf hin, dass es für deutsche kleine und mittlere Unternehmen nicht immer einfach sei, Geschäfte mit großen turkmenischen Staatskonzernen zu machen. Gleichzeitig wachse jedoch der private Sektor im Land, was neue Chancen für Partnerschaften eröffne. Unter den Faktoren, die zur Verbesserung der Handelsbeziehungen beitragen könnten, wurden erleichterte Visa-Bedingungen, eine vereinfachte Logistik sowie ein intensiverer wirtschaftlicher Dialog genannt. Der Ost-Ausschuss plant daher, im kommenden Jahr eine Unternehmerdelegation nach Turkmenistan zu organisieren.
Der Wirtschaftstag Turkmenistan 2025 unterstrich nachdrücklich das beiderseitige Interesse an vertieften Kooperationen. Das Forum beleuchtete zudem den derzeitigen Modernisierungskurs der turkmenischen Regierung und rückte die Chancen in den Mittelpunkt, neue Wertschöpfungsketten Richtung Zentralasien aufzubauen. Eine begleitende Ausstellung turkmenischer Produkte bot den Gästen einen authentischen Einblick in das traditionelle Handwerk und die Industrieentwicklung des Landes.
Vladimir Nikitenko, Evgeniya Temnaya,
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft
Vladimir Nikitenko
Regionaldirektor Zentralasien
T. +49 30 206167-114
V.Nikitenko@oa-ev.de
Kontakt Newsletter
