Im Rahmen seiner traditionellen Jahresveranstaltung empfing der Ost-Ausschuss am 14. Juni in Berlin über 200 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Diplomatie, darunter zahlreiche Botschafterinnen und Botschafter seiner Partnerländer. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium Franziska Brantner gab als Ehrengast eine Einschätzung zu den drängendsten außenwirtschaftlichen Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft. Eröffnet wurde der Abendempfang in der Berliner Villa Elisabeth von der neuen Ost-Ausschuss-Vorsitzenden Cathrina Claas-Mühlhäuser, die auf der Präsidiumssitzung am Nachmittag als erste Frau an die Spitze des Verbands gewählt worden war.
Claas-Mühlhäuser ging in ihrer Eröffnung auf die großen Herausforderungen ein, vor denen nicht nur der Ost-Ausschuss, sondern die gesamte deutsche Wirtschaft stünden. Dazu gehöre zuerst der russische Krieg gegen die Ukraine, der die Wirtschaftsbeziehungen in der Ost-Ausschuss-Region nachhaltig verändere. „Die Unterstützung für die Nothilfe und für den Wiederaufbau der Ukraine gehört seit über einem Jahr zu den Schwerpunkten unserer Arbeit“, sagte Claas-Mühlhäuser. Der Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes sei eine gemeinsame Kraftanstrengung. „Wir brauchen hier eine optimale Abstimmung zwischen Wirtschaft und Politik. Daran arbeiten wir“, so die neue Vorsitzende.
Die geopolitischen und wirtschaftlichen Folgen dieses Krieges gingen aber weit über die Ukraine hinaus. Zu den langfristigen Herausforderungen gehörten der Umbau des Energiesystems, die Neujustierung globaler Lieferketten und die Sicherung der Rohstoffversorgung. Claas-Mühlhäuser warnte vor einer Fragmentierung der Weltwirtschaft: „Risikominimierung – also das sprichwörtliche „Derisking“ durch eine kluge Diversifizierung unserer Absatzmärkte und Lieferbeziehungen, ist das Gebot der Stunde“, sagte Claas-Mühlhäuser. „Vielfalt schafft Versorgungssicherheit – egal ob es um Energie, Rohstoffe oder Vorprodukte geht. Das ist die Lektion, die wir aus Pandemie und Krieg lernen müssen.“
Dabei böten sich die Partnerländer des Ost-Ausschusses in Mittel- und Osteuropa sowie Zentralasien, auf die rund 18 Prozent des deutschen Außenhandels entfallen, als Partner an: „Der Schlüssel zur Diversifizierung unserer Absatz- und Beschaffungsmärkte liegt nicht allein in den USA, in Asien oder in Südamerika, sondern gerade auch im Osten und Südosten Europas sowie in Zentralasien“, sagte die Ost-Ausschuss-Vorsitzende. „Deshalb ist der Ost-Ausschuss heute so wichtig wie vielleicht noch nie in seiner über 70-jährigen Geschichte“, so die Vorsitzende.
Claas-Mühlhäuser warb für eine weitere Integration der östlichen und südöstlichen Partnerländer in den europäischen Binnenmarkt und die Angleichung internationaler Normen und Standards. „Je weiter die europäische Integration vorankommt, desto geringer werden Einstiegshürden und Transaktionskosten für Unternehmen, desto attraktiver und wettbewerbsfähiger wird der Binnenmarkt“, sagte sie. Zugleich warnte sie vor der Errichtung neuer Hürden: Der Ost-Ausschuss nehme das Thema Sanktionsumgehung sehr erst. „Jedes sanktionierte Gut, das Russland erreicht, ist eines zu viel“, sagte Claas-Mühlhäuser. „Aber eine verschärfte Sanktionsdurchsetzung darf den Ausbau unserer Wirtschaftsbeziehungen mit Osteuropa und Zentralasien nicht konterkarieren. Die pauschale Verdächtigung eines unserer Partnerländer allein auf der Basis von Handelsstatistiken halten wir für wenig zweckdienlich.“ Hier sei die Politik gefordert, den Unternehmen praktische Hilfestellung zu geben, statt neue „Bürokratiemonster“ zu erschaffen.
Staatssekretärin Franziska Brantner gratulierte Cathrina Claas-Mühlhäuser zur Wahl und dankte dem Ost-Ausschuss für die Unterstützung der Ukraine. Das derzeit auf EU-Ebene diskutierte elfte Sanktionspaket werde „scharf“ sein und vor allem die Sanktionsdurchsetzung zum Ziel haben. „Das ist nicht einfach, aber notwendig“, sagte Brantner. Zugleich sei man im Dialog mit Drittstaaten, damit Geschäfte weiterlaufen könnten, ohne dass Sanktionen umgangen würden. „Wir bemühen uns, eine gute Balance hinzubekommen, und wir machen das gemeinsam mit den betroffenen Ländern“, versicherte sie. Wie Claas-Mühlhäuser sprach sich auch Brantner gegen eine Fragmentierung der Weltwirtschaft aus und begrüßte insbesondere die jüngsten Fortschritte bei der EU-Integration des östlichen und südöstlichen Europas „Ich bin froh, dass wir endlich wieder Schritte bei der Erweiterung machen“, sagte Brantner, die früher selbst Abgeordnete im Europäischen Parlament war. „Es ist ein Gewinn für die EU, wenn wir uns erweitern. Das ist nicht einfach für die Länder und für uns. Aber vielleicht schaffen wir eine neue Dynamik in der EU.“ Die Ukrainer bewiesen jeden Tag, was in schwierigen Situationen möglich sei.
Auch im anschließenden Gespräch mit Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms betonte Brantner die Notwendigkeit des Dialogs in der EU, insbesondere auch mit den mittelosteuropäischen Mitgliedstaaten. „Es ist mir wichtig, dass wir besser aufeinander hören“, sagte sie. Im Bereich Grüne Transformation entstehe gerade ganz viel Neues in der Region. Es gebe viele deutsche Unternehmen, die sich dort neu engagierten. Konkret nannte Brantner die Energiezusammenarbeit mit Kroatien und Usbekistan. In einer begleitenden Slido-Umfrage unter den Anwesenden kristallisierten sich insbesondere Usbekistan und Kasachstan, aber auch Polen, Rumänien und Kroatien als derzeit besonders dynamische Märkte heraus. Dabei sei es laut Brantner generell ein großer Wettbewerbsvorteil, dass deutsche Unternehmen für ein verlässliches und dauerhaftes Engagement stünden. „Die Länder wollen, dass Deutschland sich engagiert“, sagte die Staatssekretärin. „Deutsche Unternehmenskultur wird wertgeschätzt.“
Das Präsidium des Ost-Ausschusses hatte am Vormittag eine neue Führungsspitze gewählt. Die neue Vorsitzende Cathrina Claas-Mühlhäuser, Vorsitzende des Aufsichtsrats des Landmaschinenherstellers Claas KGaA, hatte nach dem Amtsverzicht ihres Vorgängers Oliver Hermes (Wilo SE) im Sommer 2022 gemeinsam mit Hans-Ulrich Engel (BASF SE) als Stellvertretende Vorsitzende die Leitung des Ost-Ausschusses übernommen. Engel, der sein Mandat im Ost-Ausschuss aus Altersgründen abgibt, wurde auf der Jahresveranstaltung offiziell verabschiedet. Zu den Stellvertretern von Claas-Mühlhäuser bestimmte das Präsidium die langjährigen Vorstandsmitglieder Dr. Christian Bruch, CEO von Siemens Energy, und Burkhard Dahmen, Vorsitzender der Geschäftsführung der SMS Holding GmbH. Neu in den Vorstand gewählt wurden zudem Katja Scharpwinkel, President Region Europe, Middle East, Africa bei BASF, und Dr. Uwe Knotzer, Geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Knauf.
Auf der Mitgliederversammlung hatte die neue Vorsitzende ein Rück- und Ausblick auf die Verbandsaktivitäten gegeben. Dazu gehörten neben den umfangreichen Aktivitäten zur Unterstützung des Wiederaufbaus in der Ukraine, die vom Service Desk Ukraine koordiniert werden, neu auch die Unternehmensplattform Grüne Transformation, die Erweiterung des regionalen Radius der Kontaktstelle Mittelstand und eine neue Initiative zur Angleichung von Standards mit Zentralasien. Im Rahmen der Ost-Ausschuss-Gremiensitzungen wurden zugleich 15 neue Mitgliedsunternehmen aufgenommen. Damit erhöhte sich die Zahl der Ost-Ausschuss-Mitglieder innerhalb eines Jahres um fast zehn Prozent auf den neuen Rekordstand von 386. „In diesen unsicheren Zeiten kommt es auf einen starken Verband an, der den Unternehmen hilft, in einem veränderten Umfeld neue Chancen zu erkennen und zu nutzen,“ sagte Claas-Mühlhäuser. „Die positive Mitgliederentwicklung des Ost-Ausschusses unterstreicht, dass wir mit unserem vielfältigen Angebot auf dem richtigen Weg sind.“
Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation
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