Am 28. August kamen mehr als 150 Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter aus Kasachstan und Deutschland im Haus der Deutschen Wirtschaft zur 15. Sitzung des Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrats zusammen. Der große Andrang gibt Anlass zur Hoffnung, dass sich die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen spürbar beleben. Das Treffen diente auch der Vorbereitung des für September anstehenden Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz in Astana.
Roman Sklyar ist für viele deutsche Unternehmen, die sich mit Zentralasien beschäftigen, ein guter Bekannter: Der Erste Stellvertretende Ministerpräsident der Republik Kasachstan leitet seit rund fünf Jahren höchstpersönlich eine Arbeitsgruppe zur Entwicklung der Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsbeziehungen. Außer Deutschland bietet Kasachstan keinem anderen Land der Welt eine derart hochrangige und intensive Betreuung an, was die besondere Wertschätzung in Astana und Almaty für deutsche Technologie eindrucksvoll unterstreicht. Unermüdlich reist Sklyar immer wieder nach Deutschland oder steht in Online-Meetings direkt für Fragen von Mitgliedsunternehmen des Ost-Ausschusses bereit. Und wenn es einmal klemmt, übernimmt er persönlich Verantwortung und stellt pragmatische Lösungen in Aussicht. So auch anlässlich der 15. Sitzung des Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrats, die Sklyar zusammen mit dem deutschen Co-Vorsitzenden – Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms – eröffnete.
Organisiert wurde das Treffen im Haus der Deutschen Wirtschaft durch den Ost-Ausschuss, dessen Vorsitzende Cathrina Claas-Mühlhäuser ebenfalls nach Berlin gereist war, um die hochrangige kasachische Delegation zu begrüßen. Diese bestand neben Sklyar aus vier Vizeministern, den Leitern kasachischer Wirtschaftsförderungsgesellschaften sowie zahlreichen Vertretern kasachischer Unternehmen.
Die jüngsten Investitionszahlen sprechen dafür, dass sich die deutsch-kasachischen Wirtschaftsbeziehungen tatsächlich beleben. Alibek Kuantyrov, Stellvertretender Minister für auswärtige Angelegenheiten, gab in hervorragendem Deutsch einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen. Demnach seien die deutschen Direktinvestitionen zuletzt auf Jahressicht um 60 Prozent angestiegen. Zwischen 2015 und 2023 seien insgesamt 6,7 Milliarden Dollar von deutscher Seite investiert worden. Die kasachische Regierung zählt aktuell 750 deutsche Unternehmen mit 15.000 Beschäftigten im Land, 66 Projekte mit deutscher Beteiligung seien aktuell in der Entwicklung. Das Treffen des Wirtschaftsrates diente dazu, die Zahl der Projekte weiter zu erhöhen. So kam es am Ende der zweistündigen Tagung denn auch zur Unterzeichnung einer Reihe von Absichtserklärungen.
Besonders interessant für die bilaterale Zusammenarbeit seien die Bereiche Energie, Rohstoffe, Land- und Wasserwirtschaft, wie der kasachische Botschafter in Berlin, Nurlan Onzhanov, betonte. „Kasachstan kann eine wichtige Rolle für die Diversifizierungsziele Deutschlands spielen“, verwies Onzhanov einmal mehr auf die riesigen und vielfältigen Rohstoffressourcen des neuntgrößten Staates der Erde.
Neben deutschen Investitionen beispielsweise in die Förderung von Rohstoffen und den Ausbau grüner Energie erhofft sich Kasachstan aus Deutschland Produktionsanlagen zur Veredelung der eigenen Rohstoffe, die dann günstig nach Deutschland und in die EU geliefert werden könnten. Bislang aber bewegen sich die deutschen Direktinvestitionen in Kasachstan zu 90 Prozent in Nicht-Rohstoffsektoren. Ost-Ausschuss-Präsidiumsmitglied Edna Schöne, Vorstand von Euler Hermes, gehört zu denjenigen, die sich hier von deutschen Unternehmen ein größeres Engagement erhoffen, um einseitige Abhängigkeiten Deutschlands auf dem Weltmarkt beim Rohstoffbezug mit Hilfe von Kasachstan zu verringern. Schöne nahm zusammen mit Niko Warbanoff, CEO der DB ECO Group und Zentralasien-Sprecher des Ost-Ausschusses, und drei Vertretern der kasachischen Delegation an einer Gesprächsrunde teil, die von Ost-Ausschuss-Zentralasien-Direktor Eduard Kinsbruner moderiert wurde.
„Kasachstan hat ein riesiges Potenzial. Wir haben jetzt eine einmalige Gelegenheit, ein Win-Win zu schaffen,“ betonte Schöne. Dies sei auch der Grund, warum sich Euler Hermes in den vergangenen zwei Jahren mit keinem anderen Land so intensiv beschäftigt habe und inzwischen auch Exportkedite in der lokalen Währung Tenge absichere, auch wenn dies wegen der erschwerten Konvertierbarkeit immer noch mit Problemen verbunden sei. Bei derartigen Finanzierungsfragen weiterzukommen ist Auftrag einer deutsch-kasachischen Arbeitsgruppe für Projektfinanzierungen, die anlässlich des Besuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2023 in Kasachstan gegründet wurde und der Schöne angehört.
Zu den To-Dos gehört auch die Weiterentwicklung des Mittleren Korridors aus Richtung China über Kasachstan und das Kaspische Meer weiter Richtung Europa: Seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat sich das Frachtaufkommen auf dieser Strecke auf 1,5 Millionen Tonnen verdreifacht, wie Logistikexperte Warbanoff bestätigte. Allerdings liefen die Warenströme aufgrund fehlender Infrastruktur bislang noch nicht optimal. Roman Sklyar bleibt aber auch hier optimistisch, setzt auf weitere Partnerschaften mit Deutschland und der EU, und verweist auf die rasante Entwicklung der kasachischen Infrastruktur in den vergangenen Jahrzehnten. „Wir haben hier eine große Zukunft vor uns“, so der Premierminister. Die kasachische Regierung geht davon aus, dass das Potenzial des Logistikkorridors in wenigen Jahren auf über zehn Millionen Tonnen wachsen wird.
In Kürze schon geht auch der Reigen hochrangiger, bilateraler Treffen weiter: So diente die Berliner 15. Sitzung des Wirtschaftsrats auch der Vorbereitung einer von Bundeskanzler Olaf Scholz für September geplanten Reise nach Kasachstan und Usbekistan, bei der ebenfalls Wirtschaftsthemen im Mittelpunkt stehen sollen. Der Ost-Ausschuss wird an der dazugehörigen deutschen Wirtschaftsdelegation hochrangig beteiligt sein.
Andreas Metz
Leiter Public Affairs im Ost-Ausschuss
Eduard Kinsbruner
Regionaldirektor Zentralasien
T. +49 30 206167-114
E.Kinsbruner@oa-ev.de
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