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Slowakei: Im Dialog mit der neuen Regierung

Reger Austausch: Ost-Ausschuss-Vorstand Haußmann mit Wirtschaftsministerin Saková (li.) und Botschafterin Wolf.
08.12.2023
Ost-Ausschuss-Delegationsreise nach Bratislava/ Gespräche über Energie, Fachkräftemangel und wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Eine Wirtschaftsdelegation des Ost-Ausschusses unter Leitung von Ost-Ausschuss-Vorstand Philipp Haußmann traf am 27. und 28. November in Bratislava mit Vertretern der neuen slowakischen Regierung zusammen. Gespräche gab es unter anderem mit Vize-Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Denisa Saková und Staatssekretär Vladimir Simonak. Für die neue Regierung ist die Förderung des Wirtschaftswachstums ein prioritäres Ziel. Dabei setzt sie weiter auf die Zusammenarbeit mit ausländischen, insbesondere auch deutschen Investoren.

Seit November hat die Slowakei eine neue Regierung, an deren Spitze mit Robert Fico aber ein alter Bekannter steht. Fico, der mit seiner Partei SMER die Drei-Parteien-Koalition in Bratislava anführt, war schon einmal Ministerpräsident und ist 2018 nach dem Skandal um die Ermordung eines regierungskritischen Journalisten zurücktreten. Nicht wenige ausländische Beobachter sehen die jüngsten politischen Entwicklungen wie den Boykott kritischer Medien in der Slowakei kritisch. In der Wirtschaftspolitik werden ebenfalls Änderungen erwartet. Die Regierung hat bereits angekündigt, die Preise für Energie und andere Waren oder Dienstleistungen zu regulieren, die Zinsen für Baukredite zu senken und Immobilien stärker zu besteuern. Anfang Dezember beschloss die Regierung zudem eine Sondersteuer für den von ausländischen Investoren dominierten Bankensektor.

Es geht um viel

Vor diesem Hintergrund besuchte eine 20-köpfige Wirtschaftsdelegation unter Leitung von Ost-Ausschuss-Vorstand Philipp Haußmann die slowakische Hauptstadt, um erste Kontakte zur neuen Regierung zu knüpfen und die Perspektiven der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen nach dem Regierungswechsel zu diskutieren. Es geht für beide Seiten um viel: Für Deutschland ist die Slowakei mit einem Volumen von über 32 Milliarden Euro (Jan-Okt 2023) immerhin der fünfwichtigste Handelspartner in Mittel- und Osteuropa. Deutsche Unternehmen wie VW oder die Deutsche Telekom beschäftigen mehrere Tausend Menschen im Land und leisten einen nicht unwesentlichen Beitrag zum slowakischen Bruttoinlandsprodukt. Zuletzt haben deutsche Unternehmen vor allem in die wichtige Autoindustrie, aber auch in den Bau von Wärmepumpen investiert.

In einem offenen Austausch mit der neuen Vize-Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Denisa Saková und ihrem Staatssekretär Vladimir Šimoňák, an dem auch die deutsche Botschafterin Barbara Wolf und Peter Kompalla, Geschäftsführer der AHK Slowakei, teilnahmen, standen insbesondere der Energiesektor, der Fachkräftemangel sowie die unternehmerischen Rahmenbedingungen im Mittelpunkt. Deutlich wurde, dass die neue Regierung weiter auf die Zusammenarbeit mit ausländischen, insbesondere auch deutschen Investoren, setzt. Staatssekretär Šimoňák betonte die wesentliche Rolle Deutschlands als Partner für Investitionen und Technologietransfer. Die neue slowakische Regierung betrachte deutsche Investitionen als essenziell für das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Haußmann: „Es ist gut, dass wir die Gesprächskanäle so früh öffnen“

Haußmann betonte die Bedeutung verlässlicher Rahmenbedingungen für Investitionen. „Es ist gut, dass wir die Gesprächskanäle so früh öffnen“, sagte das Ost-Ausschuss-Vorstandsmitglied. AHK-Geschäftsführer Kompalla hob das gemeinsame Interesse an der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit hervor und sprach sich für die Vertiefung der Zusammenarbeit in der Industrie 4.0 aus. Als gemeinsame Herausforderungen wurden die Themen Fachkräftemangel, Energiepreise und der europäische Green Deal identifiziert. Die Unternehmensvertreterinnen und -vertreter nutzten die Gelegenheit, ihre Projekte und Pläne im Land vorzustellen.

Im Bereich Energie strebt die Regierung vorhersehbare Preise an und setzt bei der Stromversorgung auf eine Kombination aus Kernkraft und erneuerbaren Energien. Die Energiestrategie, die derzeit erarbeitet wird, soll bis Mitte 2024 fertiggestellt sein, und von der Modernisierung der Stromnetze begleitet werden. Ein drängendes Problem nicht nur, aber auch in der Slowakei ist der Arbeitskräftemangel. Die Regierungsvertreter kündigten schnelle Maßnahmen an, um diesem entgegenzuwirken, einschließlich der Anerkennung ausländischer Berufs- und Hochschulabschlüsse. Hier haben deutsche Unternehmen in Kooperation mit der AHK Slowakei bereits seit längerem eigene Initiativen zur dualen Berufsausbildung gestartet, etwa im Rahmen der Dualen Akademie.

Hohes Haushaltsdefizit

Das leidige Thema Steuern stand anschließend im Mittelpunkt eines Treffens der deutschen Delegation mit einem Vertreter des Finanzministeriums. Wegen des hohen Haushaltsdefizits von deutlich über fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts will die Slowakei Steuern auf Immobilienerwerb und -vermögen (Zweitwohnungssteuer) anheben und Public-Private-Partnership-Modelle fördern, um die staatlichen Finanzen zu entlasten. Anfang Dezember brachte die Regierung den Entwurf für die Einführung einer Sondersteuer für Banken in Höhe von 30 Prozent ins Parlament ein, um „Übergewinne“ der – überwiegend ausländischen - Finanzinstitute abzuschöpfen. Mit Sondersteuern triezt auch Ungarn ausländische Investoren.

Am ersten Tag des Besuchs hatten die deutsche Botschafterin und AHK-Geschäftsführer Kompalla die deutsche Delegation auf die Treffen mit den Regierungsvertretern eingestimmt und über die aktuellen Entwicklungen in der Slowakei informiert. Am Abend hatten die angereisten Delegationsmitglieder die Gelegenheit, sich bei einem Empfang in der Residenz der deutschen Botschaft mit lokalen Vertreterinnen und Vertretern deutscher Unternehmen auszutauschen. Die Wirtschaftsreise nach Bratislava bot somit nicht nur viele Möglichkeiten zum Austausch, sondern hinterließ auch den Eindruck, dass der neuen Regierung in Bratislava an einer Fortsetzung und einem Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen gelegen ist. Die nächsten Monate werden dies beweisen müssen.

Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation im Ost-Ausschuss

Kontakt

Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation
T. +49 30 206167-122
C.Himmighoffen@oa-ev.de

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