Cathrina Claas-Mühlhäuser, Vorsitzende des Ost-Ausschusses, kommentiert die aktuelle Handelsentwicklung sowie die neuesten Fortschrittsberichte der EU-Kommission:
„Auch der deutsche Osthandel bekommt den globalen konjunkturellen Gegenwind zu spüren. In den neun Monaten Januar bis September 2023 sank der nominale Warenaustausch mit den 29 Ost-Ausschuss-Ländern im Vergleich zu den ersten drei Quartalen des Vorjahres um 5,4 Prozent. Im September lag das Handelsvolumen mit den 29 Ländern Mittel- und Osteuropas sowie Zentralasiens sogar um zehn Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Der Osthandel schnitt dabei aber noch deutlich besser ab, als der deutsche Außenhandel insgesamt (-14,4 Prozent). Der wertmäßige Rückgang ist zum Teil auf deutlich gesunkene Export- und insbesondere Importpreise zurückzuführen.
Vor allem der Handel mit den Schwergewichten Polen, Tschechien und Ungarn schwächte sich zuletzt spürbar ab. Hier macht sich die konjunkturelle Abkühlung in diesen Ländern und in Deutschland selbst bemerkbar. Positiv entwickelten sich im Jahresverlauf die deutschen Exporte nach Südosteuropa, Zentralasien und in den Südkaukasus, wo die Konjunktur robuster ist. Im September wurden aber auch hier Bremsspuren deutlicher.
Der anhaltende Krieg Russlands gegen die Ukraine verändert die Struktur des deutschen Außenhandels mit der Region. Russland verliert weiter an Boden, während andere Märkte aufholen. Im September 2023 war der deutsche Warenaustausch mit der Ukraine (840 Millionen Euro) größer als mit Russland (810 Millionen Euro).
Das Gebot der Stunde ist es, außenwirtschaftliche Hürden konsequent abzubauen und keine neuen zu errichten. Dazu gehört auch die Durchlässigkeit der Grenzen für den Warenverkehr. Mit großer Sorge sehen wir daher die langen Wartezeiten für Lkw an der polnisch-ukrainischen Grenze und die jüngsten Blockaden durch polnische Spediteure. Hierzulande ist vor dem Hintergrund der Sanktionen eine Aufstockung des Personals beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und beim Zoll dringend erforderlich. Der Bearbeitungsstau bremst sonst den gesamten deutschen Außenhandel.
Zur Außenwirtschaftsförderung gehört mittel- und langfristig vor allem der Ausbau des europäischen Binnenmarktes, der für die deutsche Wirtschaft eminent wichtig ist. Die gestern veröffentlichten Empfehlungen zu den Fortschrittsberichten zur Ukraine, Moldau, Georgien und den Ländern des Westlichen Balkans sind ein wichtiges Bekenntnis der EU-Kommission zur Erweiterung der EU, wenngleich wir uns gerade für die Länder des Westlichen Balkans weitreichendere Empfehlungen gewünscht hätten. Insgesamt sind dies jedoch gute Nachrichten für die Beitrittskandidaten und für die deutsche Wirtschaft.“
Wichtig ist darüber hinaus die bessere Anbindung Zentralasiens und des Südkaukasus, etwa im Rahmen des EU-Programms Global Gateway. Diese Region hat eine Schlüsselfunktion für den Handel mit Asien. Hier dürfen wir China und anderen Wettbewerbern nicht das Feld überlassen.“
Hintergrund
Insgesamt ist der bilaterale Handel mit den 29 Staaten Mittel- und Osteuropas sowie Zentralasiens (MOE) laut den durch den Ost-Ausschuss ausgewerteten Zahlen des Statistischen Bundesamts in den ersten drei Quartalen 2023 im Vergleich zum Vorjahr wertmäßig um 5,4 Prozent auf knapp 406 Milliarden Euro zurückgegangen. Sinkende Preise für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte sowie der Ausfall der Energielieferungen aus Russland machten sich vor allem bei den Importen aus der Region bemerkbar, deren Wert um gut 20 Milliarden Euro auf 198 Milliarden Euro zurückging (- 9,0 Prozent). Der Wert der deutschen Lieferungen in die MOE-Länder sank dagegen von Januar bis September 2023 nur um zwei Milliarden auf 207 Milliarden Euro (-1,7 Prozent).
Andreas Metz
Leiter Public Affairs
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