Fast 100 Personen verfolgten am 11. Juli ein spannendes Webinar zum ukrainischen Energiesektor, zu dem der Ost-Ausschuss und die Rechtsexperten von Golaw gemeinsam eingeladen hatten. Unter dem Titel „ Energy System of Ukraine: Current Status and Investment Opportunities. Green Transformation“, berichteten insgesamt sieben Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Politik und internationalen Organisationen über die aktuellsten Entwicklungen. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf den Themen Biomethan und Solar sowie auf regulatorischen und finanziellen Anreizen für Investoren.
Selbst unter Kriegsbedingungen ist die Ukraine aktiv dabei, den Energiesektor zu reformieren, die Anforderungen des vierten EU-Energiepakets in die Gesetzgebung umzusetzen und die Energiewirtschaft zu transformieren. Nachdem bei russischen Luftangriffen rund 50 Prozent der ukrainischen Energieerzeugung zerstört oder beschädigt worden ist, hat das Ziel, ausländische Investoren am Sektor zu beteiligen, eine noch höhere Dringlichkeit gewonnen und zu zahlreichen Reformen geführt, wie die hochkarätigen Referenten bestätigten. Prozesse wurden vereinfacht, Anforderungen an Dokumente verschlankt, Finanzierungsmöglichkeiten verbessert und langandauernde Verträge zur Verbesserung der Planungssicherheit ermöglicht, wie Valery Tarasyuk, Leiter der Nationalen Kommission der Ukraine für die staatliche Regulierung des Energiesektors zu Beginn des Webinars in einer Video-Botschaft berichtete.
Bis Juni 2023 hatte der ukrainische Energiesektor bereits 1,2 Milliarden Dollar an ausländischen Direktinvestitionen angelockt. Nach der Integration in den europäischen Energiemarkt strebt das Land nun an, eine Energiedrehscheibe in Europa zu werden, um die Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen vollständig zu überwinden und gleichzeitig Exporteinnahmen zu erzielen. Vor allem der Sektor der erneuerbaren Energien spielt dabei eine wichtige Rolle, auch weil dieser sich stärker auf dezentrale Strukturen stützt und damit weniger verwundbar durch russische Luftangriffe ist.
Nach der Ende Juni erfolgten Verabschiedung des Nationalen Energie und Klima-Plans der Ukraine bis zum Jahr 2030 gibt es für einen starken Ausbau der Erneuerbaren Energien nun eine bessere Planungsgrundlage. Deren Anteil soll in den kommenden sechs Jahren auf rund 30 Prozent ansteigen.
Oleksandr Melnyk, Partner und Associate bei GOLAW, stellte Investitionsmöglichkeiten und neue Anreize der Regierung für Investoren vor. Laut der ukrainischen Energiestrategie werden bis 2050 rund 383 Milliarden Dollar für die Entwicklung neuer Energiekapazitäten benötigt. Die Strategie ziele darauf ab, internationale Investitionen durch Deregulierung, Steueranreize und vereinfachte Genehmigungsverfahren anzuziehen. Die geografische Lage der Ukraine, ihr hohes Potenzial an erneuerbaren Energien (EE) und die Übereinstimmung mit der Energie- und Klimapolitik der EU erhöhten ihre Attraktivität für Investoren.
Internationale Investitionsszenarien zur Verbesserung der Energieeffizienz in der Ukraine standen im Vortrag von Nadia Petruchenko, Business Direktor von SPP Development Ukraine, im Mittelpunkt. Neben den laufenden Reformen verwies sie auf die multilaterale Unterstützung durch die G7- und EU-Länder als wesentlichen Impuls hin. Investitionsschutzmechanismen und Kriegsrisikoversicherungen von Organisationen wie der US Development Finance Corporation (DFC) und der Multilateral Investment Garantie Agency (MIGA) böten Investoren inzwischen wichtige Sicherheiten.
Olga Kovalchuk, Leiterin der Abteilung Finanzen und Investitionen der Goldbeck Solar Investment GmbH, sprach über den Solarenergiesektor. Das international aufgestellte Familienunternehmen will in den kommenden fünf Jahren Photovoltaikanlagen mit einer Kapazität von bis zu 500 MW in der Ukraine entwickeln und bauen und gab einen Überblick über Partnerschaften, die zur Umsetzung der Vorhaben bereits geschlossen wurde, um Planungssicherheit zu erreichen und eine finanzielle Grundlage herzustellen. Zu den Finanzierungspartnern gehört etwa die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEG, die zur Unterstützung grüner Projekte Kreditprogramme anbietet.
Sergiy Oberkovych, Senior Partner und Rechtsanwalt bei GOLAW, und Mate Fuchsz, Director of Business Development Europe bei LANDWÄRME GMBH, widmeten sich in Ihren Vorträgen insbesondere dem Thema Biomethan und beschrieben die bestehende Rechtslage. Diese hat sich unter anderem durch Verabschiedung des Nationalen Energie- und Klimaplans 2030 und die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 9597 zur Erstellung eines Registers für Bioenergieanlagen verbessert Derzeit gibt es in der Ukraine 77 Biogasanlagen und eine Biomethananlage, wobei bis 2025 ein erheblicher Ausbau geplant ist und dafür neue staatliche Anreize eingeführt wurden.
Die Sicht der Energiegemeinschaft auf Governance und Investitionen in der Ukraine vermittelte Adam Cwetsch, Leiter der European Green Deal Unit der europäischen Energy Community. Die internationale Einrichtung arbeitet intensiv zur Ukraine, koordiniert die Nothilfe im Energiesektor und arbeitet für die vollständige Integration der Ukraine in den Europäischen Energiemarkt. Dies wiederum erhöht die Anreize für Investoren in der Ukraine. So wird allein das Potenzial der landwirtschaftlich geprägten Ukraine im Bereich Biomethan/Biomethas auf ein Vielfaches der aktuell in der EU installierten Leistung geschätzt.
Das Webinar, das von Alena Akulich, Regionaldirektorin für Osteuropa im Ost-Ausschuss, moderiert wurde, war eine gute Gelegenheit, sich zur Entwicklung des Energiesektors in der Ukraine auf den neuesten Stand zu bringen. Das große Interesse an den Inhalten nehmen Ost-Ausschuss und Golaw zum Anlass, die gestartete Webinarreihe rund um Investitionsmöglichkeiten in der Ukraine schon bald fortzusetzen.
Kateryna Kyslenko, Andreas Metz,
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft
Kateryna Kyslenko
Leiterin Service Desk Ukraine
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