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Visegrád-Staaten retten Exportbilanz

Foto: Fotolia
21.02.2020
Polen bleibt Zugpferd unter den Handelspartnern/ Deutscher Osthandel 2019

In Zeiten einer Abschwächung der Weltwirtschaft bleiben die mittel- und osteuropäischen Staaten Hoffnungsträger für den deutschen Außenhandel: Nach den nun ausgewerteten Zahlen für das Gesamtjahr 2019 stiegen die deutschen Exporte in die 29 Partnerländer des Ost-Ausschuss- Osteuropavereins der Deutschen Wirtschaft um knapp sechs Milliarden auf nun 231 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Plus von 2,5 Prozent gegenüber dem Jahr 2018. Anders fällt die Bilanz bei den Importen aus. Diese stagnierten für die Ost-Ausschuss-Länder im zurückliegenden Jahr bei 230 Milliarden Euro. Damit ist die deutsche Handelsbilanz mit der Region nahezu ausgeglichen. Insgesamt wurden mit den Ost-Ausschuss-Ländern Waren im Wert von 461 Milliarden Euro gehandelt (+1,3 Prozent). Damit erreicht die Region mittlerweile einen Anteil von 19 Prozent am gesamten deutschen Außenhandel.

Starke Ergebnisse in Mittelosteuropa

„Das Exportwachstum in unserer Region fiel dreimal höher aus, als das Wachstum des deutschen Exports insgesamt“, kommentiert der Vorsitzende des Ost-Ausschusses Oliver Hermes die Zahlen des Statistischen Bundesamtes, die der Ost-Ausschuss nun ausgewertet hat. „Zugpferd im Osthandel war 2019 einmal mehr Polen, das Großbritannien überholt hat und sich unter den deutschen Handelspartnern an die sechste Stelle vorschieben konnte.“ Sowohl die deutschen Exporte, als auch die Importe nach Polen legten 2019 um 2,5 Milliarden Euro zu. Insgesamt lag das deutsch-polnische Handelsvolumen 2019 bei 123 Milliarden Euro (+4,2 Prozent). Der Handel mit Tschechien als zweitwichtigstem Markt in der Region betrug 2019 93 Milliarden Euro (+1 Prozent), Russland folgt auf Platz 3 mit 58 Milliarden Euro (-6,5 Prozent) knapp gefolgt von Ungarn mit 56 Milliarden Euro (+4,2 Prozent).

„Polen entwickelt sich zusammen mit den anderen drei Visegrád-Staaten Tschechien, Ungarn und der Slowakei zu einem Impulsgeber für die europäische Wirtschaft“, sagte der Verbandsvorsitzende Hermes. „Auch als Folge des Brexit nimmt die Bedeutung der östlichen EU-Mitglieder für die Innovationskraft der EU stetig zu. Dazu hat die deutsche Wirtschaft, die in den vergangenen Jahrzehnten in der Region über 90 Milliarden Euro in moderne Produktionsanlagen investiert und die Aus- und Weiterbildung vorangetrieben hat, einen erheblichen Beitrag geleistet. Die Früchte dieser Aufbauarbeit ernten wir jetzt gemeinsam“, so Hermes. „Der deutsche Handel mit den vier Visegrád-Staaten zusammengenommen übertraf 2019 erstmals die Schwelle von 300 Milliarden Euro. Da können weder die USA noch China mithalten.“

Neue Impulse durch den Green Deal

Zwar sei auch in Mittelosteuropa in den vergangenen Monaten eine Abschwächung der Konjunktur zu beobachten, die Aussichten auf neue Wachstumsimpulse seien jedoch gut. Sowohl bei der Stärkung der europäischen Souveränität im IT-Sektor, als auch bei der Umstellung der europäischen Wirtschaft auf nachhaltige Energieträger und mehr Energieeffizienz gebe es in Osteuropa erhebliches Potenzial. „Mit der Umsetzung des Green Deal der EU wird gerade in Mittelosteuropa der Modernisierungsdruck steigen. Der Ost-Ausschuss reagiert darauf mit der Einrichtung eines neuen Arbeitskreises Energie- und Nachhaltigkeit, der in den nächsten Wochen seine Arbeit aufnehmen wird“, sagte Hermes. „Der Einsatz moderner Technologien in Mittel- und Osteuropa kann erheblich dazu beitragen, dass die EU ihre ambitionierten Klimaziele einhalten kann. Das Einsparpotenzial für Kohlendioxid ist hier am größten und gleichzeitig am schnellsten zu realisieren.“

Hermes sprach sich dafür aus, in das EU-Klimakonzept auch die östlichen EU-Nachbarn von Beginn an miteinzubeziehen. „Es wäre zu kurz gegriffen, wenn der Green Deal der EU an der polnischen Ostgrenze enden würde. Die Nachbarn der Europäischen Union sollten Teil der Lösung sein. Dem Klimawandel zu begegnen und gleichzeitig den europäischen Kontinent wettbewerbsfähig zu halten, wird in der Zusammenarbeit mit Ländern wie der Ukraine, Russland und Zentralasien am besten gelingen.“ Hermes forderte in diesem Zusammenhang auch die entschlossene Realisierung der Pipeline Nord Stream 2 und einen entschiedenen Einsatz der EU gegen die bestehende US-Blockade: „Um die Energiewende einigermaßen kostenneutral zu schaffen, brauchen wir für die Übergangszeit zusätzliches Erdgas. Langfristig kann die Gasinfrastruktur auch für Wasserstoff genutzt werden.“

Russland mit Licht und Schatten

Trotz der weiterhin bestehenden gegenseitigen Sanktionen zeigte 2019 bei den deutschen Exporten nach Russland die Tendenz weiter leicht nach oben. Die deutschen Exporte wuchsen um 650 Millionen Euro (+2,6 Prozent) auf 26,5 Milliarden Euro. 2018 hatte das Plus nur bei einem Prozent gelegen. Ein anderes Bild ergibt sich bei den Importen. Diese sanken um 13 Prozent auf 31 Milliarden Euro. „Dies liegt nicht an einem nachlassenden Interesse an Russland, sondern an zwischenzeitlichen Lieferunterbrechungen aufgrund der Kontaminierung der Druschba-Pipeline sowie an den gesunkenen Beschaffungspreisen für Rohöl und Erdgas“, erläuterte Hermes. „Diese Gründe haben auch bei den Importen aus Kasachstan Bremsspuren hinterlassen.“

Insgesamt lag der deutsch-russische Handel mit einem Jahresvolumen von 58 Milliarden Euro um knapp sieben Prozent im Minus. „Trotz des Lichtblicks im Export können wir das Potenzial der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland weiterhin nicht annähernd ausschöpfen. Wir brauchen dafür eine politische Entspannung und eine Überwindung der Sanktionen“, sagte Hermes. „Russland und die Ukraine haben zuletzt Schritte in die richtige Richtung gemacht. Hier muss jetzt mehr Dynamik hinein. Wir selbst wollen diesen Prozess in den nächsten Wochen durch einen engen Austausch mit Wirtschaftsverbänden in Russland und der Ukraine unterstützen.“

Als sehr erfreulich bezeichnete Hermes in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche Entwicklung in der Ukraine. „Der deutsch-ukrainische Handel hat 2019 sowohl bei den Importen, als auch bei den Exporten um acht Prozent zugelegt. Mit der neuen Regierung ist das Vertrauen in den Investitionsstandort Ukraine gewachsen. Wir freuen uns darauf, die Beziehungen im Rahmen unserer bilateralen Wirtschaftskonferenz im Juni in der Ukraine weiter voranzubringen.“ Hermes kündigte zudem an, Mitte März zu Gesprächen nach Kiew zu reisen.

Solide Ergebnisse in Südosteuropa, Aufschwung in Usbekistan

Der deutsche Handel mit Südosteuropa entwickelte sich auch 2019 leicht überdurchschnittlich. Herausragend war dabei das Ergebnis mit dem EU-Beitrittskandidat Serbien: Der bilaterale Handel stieg um über zehn Prozent auf rund fünf Milliarden Euro. Der Handel mit Nordmazedonien wuchs um neun Prozent auf nun 4,5 Milliarden Euro. Solide fiel die Entwicklung des Handels mit den EU-Partnerländern Rumänien (+1,5 Prozent), Bulgarien (+2,5 Prozent) und Kroatien (+3 Prozent) aus.

Die prozentual größten Zuwächse aller 29 Ost-Ausschuss-Länder konnte 2019 wiederum Usbekistan verzeichnen. Die deutschen Importe kletterten um 15 Prozent, die Exporte gar um 28 Prozent. Hier wirken sich die Reformanstrengungen, die Usbekistan seit 2016 gemacht hat, weiterhin deutlich positiv aus. Allerdings liegt das bilaterale Handelsvolumen noch knapp unter der Grenze von einer Milliarde Euro, das Wachstumspotenzial ist damit für ein Land mit 32 Millionen Einwohnern noch erheblich.

Die vollständige Handelstabelle mit den Ergebnissen für alle 29 Ost-Ausschuss-Länder sowie die Tabelle der 20 wichtigsten deutschen Handelspartner steht als Download zur Verfügung.

Ansprechpartner

Andreas Metz
Leiter Presse und Kommunikation
Tel.: 030 206167-120
A.Metz@bdi.eu
 

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