Direkt zum Inhalt

Turkmenistan in Bewegung

Rund 200 Gäste nahmen am Deutsch-Turkmenischen Business Forum im Berliner Humboldt Carré teil. Foto: A. Metz
20.11.2023
Die turkmenische Regierung nimmt derzeit viel Geld für die Modernisierung des zentralasiatischen Landes in die Hand / Deutsche Unternehmen sind als Partner gefragt

Mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Roadmap zum Ausbau bilateraler Kooperationen durch den stellvertretenden Premierminister Batyr Atdayev und Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms endete am Nachmittag des 20. November das Deutsch-Turkmenische Business Forum in Berlin. Mit über 200 Gästen war es vermutlich das größte Wirtschaftsforum zu dem zentralasiatischen Land auf deutschem Boden. Die Veranstaltung, die der Ost-Ausschuss gemeinsam mit der Regierung Turkmenistans im Humboldt Carré organisierte, knüpfte direkt an den Zentralasiengipfel in Berlin von Ende September an, zu dem die Staatsoberhäupter aller fünf zentralasiatischen Staaten angereist waren.

„Stillstand bringt uns nicht voran.“ Mit diesen Worten brachte Matthias Lüttenberg, Beauftragter für Osteuropa, Kaukasus und Zentralasien beim Auswärtiges Amt, zum Auftakt der Veranstaltung den Willen der Bundesregierung auf den Punkt, die Beziehungen mit Turkmenistan auszubauen. In der Tat konnte an diesem Montag von Stillstand keine Rede sein, wie die Keynotes und Präsentationen verschiedener turkmenischer Regierungsvertreter sowie zwei Paneldiskussionen unterstrichen, die Ost-Ausschuss-Zentralasiendirektor Eduard Kinsbruner sowie Jens Böhlmann, Direktor Mittelstand im Ost-Ausschuss moderierten.

Nachdem das mit 6,3 Millionen Einwohnern kleinste zentralasiatische Land viele Jahre international eher isoliert und in Deutschland kaum präsent war, fand mit dem Berliner Business Forum bereits die dritte hochrangige Konferenz des Jahres 2023 zu Turkmenistan statt. Nach Ansicht von Borislav Ivanov-Blankenburg, führender Manager für Handelsfinanzierung bei der Deutschen Bank, gibt es derzeit kaum ein Land, das gemessen an seiner Wirtschaftskraft so viel Geld für Infrastrukturprojekte in die Hand nimmt. In Turkmenistan ist also etwas in Bewegung gekommen.

Projekte in Arkadag City

Das prominenteste Beispiel für den Modernisierungswillen der turkmenischen Regierung ist die neue Stadtgründung Arkadag. Die neue Siedlung an der Grenze zum Iran wurde 2019 begonnen. Inzwischen ist der erste Bauabschnitt abgeschlossen, der unter anderem 336 neue Gebäude für insgesamt 12.000 Menschen vorsah. 3,3 Milliarden US-Dollar wurden dafür bereits investiert. In einem zweiten Bauabschnitt sollen nun unter anderem 110 Verwaltungsgebäude und öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen, ein neuer Bahnhof und eine Busstation folgen. Außerdem wünschen sich die turkmenischen Offiziellen den Bau eines medizinischen Clusters, der unter anderem eine Produktion von medizinischen Einwegprodukten zur Selbstversorgung des Landes und den Export nach Asien und Europa umfassen soll. Gespräche mit einem deutschen Konsortium, das die in Heilbronn ansässige Edison Technologies GmbH koordiniert, laufen bereits. Die Deutsche Bahn wiederum zeigt sich interessiert, am Ausbau des Bahnnetzes des Landes mitzuwirken. Die finanziellen Ressourcen für die genannten Projektvorhaben seien vorhanden, wie Deryageldi Orazov, Vorsitzender des Staatlichen Kommitees für den Bau von Arkadag City versicherte.

Grüne Technologien im Blick

Zur Modernisierungsstrategie Turkmenistans, die der stellvertretende Premier Atdayev vorstellte, gehören aber auch der Ausbau der Hafenanlagen und des Fährverkehrs am Kaspischen Meer sowie des Luftverkehrs von Zentralasien Richtung Europa. Geplant ist zudem die Erschließung großer Rohstoffvorkommen, der Ausbau der Chemischen Industrie und der Elektroindustrie sowie der Ernährungswirtschaft. Besonders interessant für die deutsche Wirtschaft: Turkmenistan will bei seinen Projekten auch auf Nachhaltigkeit und grüne Technologien achten. Sein Land, so betonte Atdayev, sei bereits vom Klimawandel betroffen. Sichtbar werde dies etwa an einem zunehmenden Wassermangel. Entsprechend suche Turkmenistan auch Partner zur Modernisierung seiner Wasserverteilungssysteme. Ein Projekt in diesem Bereich ist die Rehabilitierung des Karakumkanals, an der bereits die PSE Engineering GmbH aus Quakenbrück beteiligt ist. Die Landmaschinenproduzenten Claas und John Deere wiederum, tragen mit ihrer Technologie bereits zu einem effizienten Einsatz von Wasser in der turkmenischen Landwirtschaft bei und sehen in Turkmenistan generell einen vielversprechenden Markt.

Matthias Lüttenberg, der als Repräsentant der Bundesregierung auch die Grüße der Bundesaußenministerin übermittelte, wies in seiner Rede darauf hin, dass zur Förderung von Investitionen weiter an den Rahmenbedingungen in Turkmenistan gearbeitet werden sollte. Unternehmen erwarteten ein transparentes und berechenbares Handeln und ein konsequentes Vorgehen gegen Korruption. „Es liegen viele Chancen vor uns, aber wir müssen auch den Ausbau der Rechtssicherheit fördern.“ Zu diesem Punkt hatte Lüttenberg noch eine gute Nachricht. So stünde man in den bilateralen Gesprächen kurz vor einer Lösung zur Begleichung noch offener Forderungen aus früheren Jahren.

Mit Unterzeichnung der gemeinsamen Roadmap will der Ost-Ausschuss die sich abzeichnende neue Dynamik in den bilateralen Beziehungen absichern und Projektideen nachhalten. Von diesen gibt es viele, wie das Deutsch-Turkmenische Business Forum unter Beweis gestellt hat. 

Andreas Metz
Leiter Public Affairs

Kontakt

Eduard Kinsbruner
Regionaldirektor Zentralasien
T. +49 30 206167-114
E.Kinsbruner@oa-ev.de

Diese Seite teilen: