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Slowakei will wirtschaftlicher „Tiger“ werden

 Philipp Haußmann, Sprecher des AK Mittelosteuropa im OA (l.) mit Premierminister Eduard Heger (o.r.) und Peter Kompalla, Geschäftsführer der AHK Slowakei (u.r.), Foto: OA
15.11.2021
Online-Meeting von Ost-Ausschuss und AHK Slowakei mit dem slowakischen Premierminister / Heger: Deutsche Unternehmen sind Wunschpartner für  technologische Modernisierung 

Rund 250 Interessierte verfolgten am 15. November live an den Bildschirmen die Keynote des slowakischen Premierministers Eduard Heger zu den deutsch-slowakischen Wirtschaftsbeziehungen. Heger sprach auf Einladung des Ost-Ausschusses und der AHK Slowakei. Direkt im Anschluss an den öffentlichen Teil traf sich der Premier online mit Mitgliedsunternehmen von Ost-Ausschuss und AHK und ließ sich über deren Projekte in der Slowakei informieren.  

In der Slowakei werden pro Kopf der Bevölkerung weltweit die meisten Automobile produziert. Zu verdanken ist dies neben dem EU-Beitritt des Landes 2004 nicht zuletzt der deutschen Automobilindustrie, die große Produktionsstätten in dem seit Jahrzehnten von Schwerindustrie geprägten Land etabliert hat. Von diesen und weiteren Verflechtungen mit der deutschen Wirtschaft hat das Land in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten enorm profitiert. Allerdings ist die Corona-Krise auch an der Slowakei nicht spurlos vorübergegangen: Erst sinkende Verkaufszahlen, dann Lieferengpässe bei Computerchips und nun ehrgeizige Klimaziele der EU, die einen massiven technologischen Wandel in der Automobilindustrie erzwingen – all dies sorgt aktuell für einige Fragezeichen. Hinzu kommen wachsende Personalsorgen: Auch in der Slowakei werden die Facharbeiter knapp, was für internationale Investoren zu einem Schlüsselthema geworden ist.

Weitere Reformen sind also notwendig und dank üppig fließender Corona-Hilfen auch finanzierbar. Allein acht Milliarden Euro hat das 5,5 Millionen-Einwohner-Land aus dem europäischen Wiederaufbaufonds Next Generation EU aus Brüssel zu erwarten. Geld, das insbesondere ins Gesundheits-, Wissenschafts- und Bildungssystem fließen soll, wie der slowakische Premierminister Heger ankündigte. Die Slowakei hoffe damit an ihre starke Wachstumszeit in den 2000er Jahren anknüpfen und wieder zu einem wirtschaftlichen „Tiger“ in Europa werden zu können.

Ein prioritäres Ziel seiner Regierung sei es, so Heger, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Slowakei noch mehr als Standort für Forschung- und Entwicklung zu etablieren. „Wir wollen mehr internationale Talente in die Slowakei holen.“ Neben höheren Ausgaben etwa für Universitäten und die Digitalisierung des Schulsystems seien auch spezielle Förderprogramme für Start-ups in Vorbereitung.

Deutsche Unternehmen wichtigste Partner 

Deutsche Unternehmen seien die wichtigsten Partner der slowakischen Wirtschaft, betont Heger und verspracht den weiteren Ausbau der Rechtsstaatlichkeit und den Abbau von Bürokratie. Für jedes neue Gesetz sollten in Zukunft nach dem Motto „One in, Two out“ zwei alte Gesetze abgeschafft werden. Zu den geplanten Reformen gehörten auch Weiterbildungsmaßnahmen zur Professionalisierung der Staatsdiener. „Da gibt es noch Nachholbedarf“, sagte Heger selbstkritisch. Sein Ziel sei es, internationalen Investoren die bestmöglichen Rahmenbedingungen für ihr Investment anzubieten.  

Laut BMB Partners entrichteten deutsche Unternehmen 2020 rund 560 Millionen Euro Direktsteuern in der Slowakei und sind damit wichtige Stützen des Staatshaushalts. Rechnet man die Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 800 Millionen Euro hinzu, summierte sich das Volumen deutscher Arbeitgeber auf 1,36 Milliarden Euro an gezahlten Steuern und Abgaben. Mit weitem Abstand an zweiter Stelle folgten amerikanische Firmen mit einem Beitrag von 466 Millionen Euro. Der größte Steuerzahler aus dem Unternehmenssektor ist die Firma Volkswagen Slovakia. Der deutsche Autobauer führte im Vorjahr 238 Millionen Euro an Steuern und Abgaben an den slowakischen Fiskus ab.

Viel Lob verteilte der slowakische Premier denn auch an die deutschen Investoren im Land. Diese hätten in den vergangenen 30 Jahren viel in die Ausbildung in der Slowakei investiert und die „Mentalität“ der slowakischen Arbeiter weiterentwickelt. Die Automobilindustrie sei das „Rückgrat“ der slowakischen Wirtschaft und für die Wirtschaftspolitik seiner Regierung von höchster Priorität. „Wir sind bereit mit jedem großen Investoren zu sprechen, um für ihn die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen.“

Eröffnet wurde das Online-Meeting von Ost-Ausschuss Geschäftsführer Michael Harms. Die Moderation übernahmen Philipp Haußmann, Sprecher des AK Mittelosteuropa im Ost-Ausschuss. Haußmann lobte unter anderem den europafreundlichen Kurs der slowakischen Regierung und das zunehmende Engagement slowakischer Unternehmen auch auf dem deutschen Markt. Dies habe zu einer starken deutsch-slowakischen Handelsdynamik beigetragen und das Land unter die Top-20 der wichtigsten deutschen Handelspartner gehievt. „Unser bilateraler Handel wird 2021 über 30 Milliarden Euro liegen, höher als mit Indien und Mexiko“, so Haußmann. Peter Kompalla, Geschäftsführer der AHK Slowakei, betonte, dass die Slowakei bereits zu den zehn wichtigsten Partnern bei internationalen Lieferketten deutscher Unternehmen gehöre. Nachhaltigkeit entlang der ganzen Lieferkette sei angesichts der EU-Klimaziele ein zunehmend wichtiges Thema für Investoren. Auch hier sei die deutsche Wirtschaft an einer engen Abstimmung mit der slowakischen Regierung interessiert.

Die vollständige Rede des Premierministers können Sie online auf der Seite www.oa-stream.de abrufen.

Andreas Metz
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

 

Ansprechpartner

Adrian Stadnicki
Regionaldirektor Mittelosteuropa
Tel.: 030 206167-138
A.Stadnicki@oa-ev.de

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