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Russland will effizienter werden - mit deutscher Hilfe

Deutsch-Russischer Business Dialogue auf dem SPIEF mit Moderator Klaus Mangold (3.v.links) und Alexej Mordaschow (links daneben). Foto: Dr. Christiane Schuchart
29.05.2018
Auf dem St. Petersburg International Economic Forum beteiligte sich der Ost-Ausschuss - Osteuropaverein an einer Reihe von Initiativen

Russland präsentierte sich auf dem diesjährigen Wirtschaftsforum als weltoffen, modern und zukunftsfähig. Das Forum versteht sich als das östliche Davos. Gemessen an der Anzahl der hochrangigen nationalen und internationalen Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist dieser Anspruch durchaus begründet. Den ganz großen Aufschlag machte in diesem Jahr Frankreich, dessen Präsident seine weltweite Charmeoffensive auch in Russland fortsetzte. Der Stand der Franzosen vereinte denn auch alle großen französischen Konzerne in einer beeindruckenden Leistungsschau. Etwas weiter am Rande, aber nicht weniger riesig präsentierte sich das Königreich Saudi-Arabien.

Deutsch-Russische Effizienzpartnerschaft

Vor allem aber die russischen Unternehmen waren in großer Zahl und mit teilweise riesigen Pavillons vertreten. Die Botschaft war deutlich: Wir wollen und werden Teil der weltweiten Vernetzung der Wirtschaft sein und sind gewillt dafür auch alles zu tun. Dieser Wille war auch im Rahmen des Deutsch-Russische Business Dialogs zum Thema „Effizienzpartnerschaft“ zu spüren, den der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft auf dem Forum organisiert hat. An ihm nahmen unter anderem der russische Vize-Minister für Wirtschaftliche Entwicklung Alexej Gruzdew, die Vorstandsvorsitzenden von Severstal und Sinara, Alexej Mordaschow und Dmitrij Pumpjanski, sowie die Vorstände von SAP und Linde, Michael Kleinemeier und Christian Bruch, teil. Moderiert wurde die Diskussionsrunde durch den früheren Ost-Ausschuss-Vorsitzenden Klaus Mangold. Thematisch ging es um die Verbesserung der internationalen Konkurrenzfähigkeit und Effizienz der russischen Wirtschaft, um intensivere Kooperationen zur Digitalisierung der Wirtschaft und um den Umgang mit den US-Sanktionen gegen Russland.

Alexej Mordaschow schloss sein Statement mit dem Satz: „Wir müssen den Freihandel verteidigen!“ Damit sprach er der versammelten deutschen Wirtschaftselite mit Ambitionen im Russland-Geschäft aus der Seele. Übereinstimmend und mit fast schon beschwörendem Unterton unterstrichen alle Redner das Vertrauen, das zwischen Deutschen und Russen trotz aller Schwierigkeiten weiter existiert und immer existiert hat.

Zur geplanten Effizienzpartnerschaft zwischen Russland und Deutschland bemerkte Dmitrij Pumpjanski: „In diesen komplizierten Zeiten ist die Nachricht der russisch-deutschen Zusammenarbeit eine gute Botschaft, und wir sollten unsere Regierungen auffordern, Lösungen zu finden. Sanktionen und Protektionismus führen nirgendwo hin.“ Es bleibt die Hoffnung, dass langsam Bewegung in die vielfach gestörten Beziehungen Europas mit Russland kommt.

Siemens, SAP, Bayer, die großen im Reigen der deutschen Unternehmen, betonten einhellig, dass der russische Markt nach wie vor interessant und perspektivisch hoch attraktiv sei, dass einer Entwicklung zu einem hochtechnologischen Partner allerdings der Mangel an Zulieferern, unterschiedliche Standards und Normen und nicht zuletzt eine zu stark auf Staatsunternehmen ausgerichtete Wirtschaftspolitik im Wege stehe.

MoU zur Qualifizierung von russischen Zulieferern unterzeichnet

Ein kleiner, aber wesentlicher Schritt zur Veränderung dieser Situation ist dem Ost-Ausschuss – Osteuropaverein (OAOEV) mit dem Russischen Exportzentrum (REZ), dem Bundesverband für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) und der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) auf dem Petersburger Forum gelungen: Die vier Organisatoren der sogenannten Einkaufsinitiative unterzeichneten in Petersburg ein Memorandum of Understanding (MoU), wonach russische industrielle Zulieferer in die weltweiten Supply Chains deutscher Erstausrüstungshersteller (OEM) eingegliedert werden. Vereinfacht gesprochen sollen russische Industrieunternehmen identifiziert werden, die entweder sofort oder nach einer Phase der Qualifizierung Produkte liefern können, die dann Teil eines deutschen Endproduktes sind und über den Export in alle Herren Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis stellen. Einerseits könnten die russischen Firmen einen Teil des durch die hervorragende Konjunktur in Deutschland permanent wachsenden Bedarfs an Zulieferern decken. Andererseits würden sie fit für den Weltmarkt gemacht und veränderten die russische Exportstruktur: Weniger Öl, Gas und Rohstoffe, mehr industrielle Produkte. Die Branchen Öl und Gas sind deshalb auch explizit von dieser Initiative ausgeschlossen.

Neues Image für Russland

Für den erst seit ein paar Wochen amtierenden Vorstandsvorsitzenden des russischen Exportzentrums Andrej Slepnov kommt die Initiative zum richtigen Zeitpunkt: „Ich bin der festen Überzeugung, dass die deutschen und die russischen Unternehmen gemeinsam ein Projekt aufsetzen werden, das wegweisend auch für Kooperationen mit anderen Länder sein wird.“ En passant würde über diesen Weg auch noch ein anderes Problem charmant gelöst. Denn wer sich als geeignet für den Weltmarkt erweist, der sollte auch gut genug sein, um als Lieferant innerhalb Russlands zu fungieren und so den geforderten Local Content deutscher Produzenten erhöhen können. Der Glaube an den Erfolg des Projektes ist jedenfalls hoch. Silvio Grobosch vom BME sieht noch einen weiteren Vorteil: „Über die Einbindung russischer Firmen in die internationalen Wertschöpfungsketten hat Russland auch die Chance, sein Image als Rohstofflieferant grundlegend zu ändern.“

Zahlreiche Kooperationen

Im Rahmen des SPIEF stellte die Deutsch-Russische Digitalisierungsinitiative GRID, an der auch der Ost-Ausschuss – Osteuropaverein beteiligt ist, ihre Road-Map für den Ausbau der deutsch-russischen Zusammenarbeit vor, ROSTEC trat der Initiative neu bei. Kooperationen unterzeichnete der Ost-Ausschuss außerdem mit der russischen Atombehörde Rosatom und mit der Staatlichen Schiffbaugesellschaft OSK.

Jens Böhlmann, Dr. Christiane Schuchart
Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft

 

Ansprechpartner

Jens Böhlmann
Leiter Kontaktstelle Mittelstand
für Russland
Tel.: 030 206167-127
J.Boehlmann@bdi.eu

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