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Mit Olympia aus der Krise

23.09.2009

Eindrücke vom VIII. Internationalen Investitionsforum Sotschi 2009

Das letzjährige Investitionsforum in Sotschi fand unmittelbar nach dem Zusammenbruch der New Yorker Bank Lehman Brothers statt. Damals konnte sich kaum jemand ausmalen, wie stark auch Russland von diesem globalen Finanzbeben betroffen sein würde. Seitdem hat die Wirtschaftskrise die Mängel der russischen Wirtschaft, nämlich die fehlende Diversifikation der Industrie, die Schwäche des nationalen Finanzsektors, die niedrige Wertschöpfung sowie der ineffiziente Ressourceneinsatz schonungslos offengelegt. Das diesjährige Sotschi-Forum vom 17. bis 20. September bot damit eine hervorragende Möglichkeit, die Krise zu bilanzieren und gleichzeitig Lehren für die Zukunft daraus zu ziehen.

Insgesamt nahmen rund 8.000 Teilnehmer aus 26 Ländern an dem nunmehr achten Forum in der „südlichen Hauptstadt“ Russlands teil, darunter auch eine Wirtschaftsdelegation unter Führung des Ost-Ausschuss-Geschäftsführers Rainer Lindner. Im Ost-Ausschuss gibt es bereits seit zwei Jahren die Arbeitsgruppe Sotschi 2014, in der etwa 40 Firmen- und Verbandsvertreter aktiv sind. Deren Projektangebote wurden von der Ost-Ausschuss-Delegation unter anderem in einem Gespräch mit dem Vize-Gouverneur der Region Krasnodar und dem Präsidenten der Handels- und Industriekammer der Region Krasnodar übergeben.

Nicht weniger als 55 Regionen der Russischen Föderation buhlten auf dem Investitionsforum um die Gunst der Investoren. Im Mittelpunkt standen insbesondere die gastgebende Region Krasnodar und die Stadt Sotschi, zumal die Vorbereitungen auf die Winterolympiade 2014 am Schwarzen Meer nunmehr in die entscheidende Phase treten.

Winterolympiade unter Palmen

Es sind die ersten Olympischen Winterspiele in Russland überhaupt und es werden aufgrund der geographischen Verhältnisse ganz besondere Spiele sein: eine Winterolympia unter Palmen. Die Aussicht darauf fasziniert bereits jetzt Menschen auf der ganzen Welt und bringt der Region Sotschi  eine Aufmerksamkeit, die höher ist, als bei vergleichbaren Austragungsorten. Die stetig wachsende Zahl von Besuchern und die Vielzahl der Bauprojekte die mit Olympia und dem Ausbau Sotschis zum ganzjährigen Kurort in Zusammenhang stehen, hat in Südrussland eine Dynamik freigesetzt, von der das ganze Land profitiert.

Die deutsche Wirtschaft weiß spätestens seit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land, was bei der bei der Vorbereitung von sportlichen Großereignissen zu beachten ist. Entsprechend groß sind die Hoffnungen, beim Aufbau der Infrastruktur in Sotschi vorne mit dabei sein zu können. Derzeit werden nahezu täglich Aufträge vergeben. Wer sich darüber informieren möchte, findet alle Informationen unter http://russland.ahk.de/olympia-2014/ bei dem AHK Sotschi Desk.

Einer der ersten Großaufträge im Zusammenhang mit Olympia ging im März 2008 an die süddeutsche Firma Herrenknecht, die für Straßen- und Schienenbauprojekte den größten Tunnelbohrer der Welt anfertigt. Der Bohrer hat einen Durchmesser von 19 Metern, kostet rund 100 Millionen Euro und wird bis 2010 an die russische Firma Infrastruktura ausgeliefert, die damit unter anderem Verkehrsvorhaben in Sotschi realisiert. Auch das Fraunhofer Anwendungszentrum in Dresden daran arbeitet, dass die olympischen Spiele ein Erfolg für Russland werden. Die Sachsen entwickeln das Logistikkonzept für die vielen Olympiabaustellen, mit dem bis zu 6000 LKW-Fahrten täglich koordiniert werden sollen.

Deutsche Konzerne wie ThyssenKrupp, Hochtief, Siemens und Bosch sind längst in Sotschi engagiert. Aber auch die vielen mittelständische Unternehmen, die mit ihren Produkten oft Weltmarktführer sind, können sich Hoffnungen machen, als Subunternehmer russischen Großauftragnehmern zum Zuge zu kommen.

Beim Investitionsforum in Sotschi standen allerdings nicht nur die olympischen Projekte auf der Agenda zahlreicher Workshops und Round Tables. Die Teilnehmer diskutierten auch über die Beseitigung bürokratischer Hürden in der russischen Föderation. Diese Hürden gehören auch für Ministerpräsident Wladimir Putin zu den größten Investitionshindernissen seines Landes. Noch stärker belastet nach Putins Worten aber die Inflation die Wirtschaftsentwicklung in Russland. Deren Bekämpfung sei ein Hauptziel seines Kabinetts. Außerdem rief Putin in seiner Ansprache zur Eröffnung des Forums die Banken zur Vergabe von Krediten zu günstigeren Konditionen auf.

Trotz einer leichten Wirtschaftserholung in Russland sieht Putin generell noch keinen Grund für Entwarnung. „Es wäre ein Fehler zu denken, dass alle Probleme in der Vergangenheit liegen. Die Entwicklung muss weiter gehen, es wäre illusorisch sich auf die vermeintlich positive Entwicklung der Weltwirtschaft zu verlassen. Gerade jetzt muss man die Arbeit fortsetzen, um die systemrelevanten Fehler abzustellen und die notwendigen Lehren aus der Krise zu ziehen“, betonte der russische Ministerpräsident.

Putin will weniger Bürokratie wagen

Auch dank der Olympiade habe die Regierung dazugelernt, sagte Putin. So hätten die Erfahrungen mit der Planung und dem Bau von Olympiaobjekten zu einer Reihe von Gesetzesänderungen geführt, um die Ziele der Regierung überhaupt realisieren zu können. „Die Erfahrung mit dem Bau in Sotschi hat uns vor die Augen geführt, wie archaisch das System ist. Die Mehrzahl der Baunormen sind bereits seit den Zeiten der sowjetischen Planwirtschaft in Kraft“, sagte Putin.

Auch der für die Olympiade zuständige Vize-Premier Dmitrij Kozak sieht Handlungsbedarf. „Als wir uns selbst an der Stelle eines Investors wiederfanden, mussten wir einzelne Gesetze und neue Reglementierungen für den Staat erlassen, um das Projekt überhaupt durchsetzen zu können“, sagte Kozak. Der private Investor habe es da um einiges schwerer, so der Vize-Premier.

Es bleibt für die Investoren zu hoffen, dass auf diese Fehleranalyse die Umsetzung in die Praxis folgt. In Sotschi muss noch viel gebaut werden. Es geht dabei nicht nur um olympische Objekte: Von der geplanten Investitionssumme von elf Milliarden US-Dollar sollen nur 1,5 Milliarden in den Stadionbau fließen. Große Vorhaben müssen in den Bereichen Infrastruktur sowie Umwelt und Tourismus realisiert werden. Der Tourismus ist bislang nur auf russische Besucher ausgerichtet. Um dies zu ändern, wurde das Programm, „Sochi – Hospital City“ aufgelegt, für das allein 1,6 Milliarden US-Dollar aufgewendet werden. 80 Prozent davon sollen von Privatinvestoren kommen. Grund genug, für die russische Regierung, weiter an den Investitionsbedingungen zu arbeiten.

Dass Sotschi zumindest beim Thema Feiern bereits olympiatauglich ist, bewies das opulente Rahmenprogramm des Investitionsforums: Kein Abend verging ohne ein Höhenfeuerwerk, die Clubs glänzten mit Eis-Skulpturen und das Show-Programm wurde von der Rock-Gruppe Deep Purple angeführt – erklärtermaßen die Lieblingsband von Präsident Dmitri Medwedew.

Eduard Kinsbruner
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

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