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Jahresempfang des Ost-Ausschusses 2012

05.07.2012

Gastreden von Staatssekretärin Emily Haber und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier 

160 geladene Gäste kamen am 4. Juli anlässlich des Jahresempfangs des Ost-Ausschusses in die Repräsentanz der Deutschen Telekom AG nach Berlin. Hauptredner waren die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt Emily Haber und der ehemalige Bundesaußenminister und jetzige SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Frank-Walter Steinmeier. Zuvor hatten die Mitglieder des Ost-Ausschusses das langjährige Vorstandsmitglied Heinrich Weiss verabschiedet und Burkhard Dahmen und Michael Süß neu in den Ost-Ausschuss-Vorstand gewählt.

Unter den Gästen im 1878 erbauten ehemaligen Kaiserlichen Telegrafenamt, das Hausherr Joachim Haas von der Deutschen Telekom als „Keimzelle der globalen Kommunikation" charakterisierte, waren zahlreiche Unternehmensvorstände, Botschafter und Politiker. In seiner Eröffnungsrede rief der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Eckhard Cordes die wichtigsten Entwicklungen des zurückliegenden Jahres in Erinnerung –  vom WTO-Beitritt Russlands und dem Rekordergebnis im Handel mit Osteuropa, über Fortschritte im EU-Beitrittsprozess osteuropäischer Staaten wie Kroatien und Serbien, bis hin zur Eröffnung des Deutschlandjahres in Russland am 20. Juni 2012. „Ein gutes Jahr liegt hinter uns. Politik und Wirtschaft haben viel erreicht.“

Zu den Fortschritten des vergangenen Jahres gehöre auch der Abschluss eines deutsch-kasachischen Partnerschaftsabkommen im Rohstoff- und Technologiebereich. Der Ost-Ausschuss hatte das Abkommen in seiner Entstehung begleitet und wird nunmehr die Beteiligung der deutschen Wirtschaft koordinieren. Dazu beschloss das Präsidium des Ost-Ausschusses die Bildung eines Arbeitskreises Rohstoffe, dessen Leitung Karsten Heuchert, Vorstandsvorsitzender von VNG, übernahm.

Positiv kommentierte Cordes auch das Entstehen einer politisch interessierten Mittelschicht in Russland. Dies sei eine Chance für den dortigen Modernisierungsprozess: „Eine innovative, von Öl und Gas unabhängigere Wirtschaft wird es dann geben, wenn es in Russland zu einem fairen Wettstreit der Ideen und zur Herausbildung eines Mittelstands kommt.“

Gleichzeitig lenkte Cordes den Blick auf die im Oktober anstehende 60-Jahrfeier des Ost-Ausschusses und auf die Ziele, die aus Sicht der Wirtschaft in den kommenden Monaten im Mittelpunkt stehen sollten – angefangen von der Abschaffung der Visa-Pflicht mit der Republik Moldau, der Ukraine und Russland bis hin zur Aufnahme von Freihandelsverhandlungen mit Russland.

Erste Frau in einer Schlüsselposition im Auswärtigen Amt

Emily Haber, die vor genau einem Jahr zur Staatssekretärin ernannt wurde und, nach Angaben der FAZ, überhaupt die „erste Frau“ ist, „die den Apparat des Auswärtigen Amtes leitet“, lobte zu Beginn ihres Statements die Rolle der deutschen Wirtschaft in Osteuropa. Diese trage zur Überwindung der Spaltung Europas und der Öffnung der osteuropäischen Gesellschaften bei, indem sie ein Stück deutsche Wirtschaftskultur dorthin exportiere. „Viele unserer außenpolitischen Positionen erwachsen aus Ihren Erfolgen als deutsche Unternehmen.“

Bedenklich nannte die Staatssekretärin die Zunahme protektionistischer Maßnahmen von Seiten Russlands und forderte die russische Regierung dazu auf, die mit dem WTO-Beitritt eingegangenen Verpflichtungen auch umzusetzen. Mit Bezug auf die anstehenden großen Sportereignisse wie die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 und die Fußball-WM 2018 in Russland versprach Frau Haber eine nachhaltige Flankierung deutscher Projektvorschläge durch das Auswärtige Amt. „Zögern Sie nicht, uns einzuschalten.“

Beim Thema Visa-Liberalisierung ermutigte die Staatssekretärin die Mitglieder des Ost-Ausschusses, weiter aktiv zu bleiben. „Im Auswärtigen Amt haben Sie Verbündete“. Was die Abschaffung der Visa-Pflicht beispielsweise mit Russland angehe, so gebe es im Rahmen der Verhandlungen mit der EU „positive Signale“. Bis es so weit sei, konzentriere sich das Auswärtige Amt auf Erleichterungen im Antragsprozess.

Nagelprobe für die deutsch-russischen Beziehungen

Frank-Walter Steinmeier nannte in seiner Rede die Abschaffung der Visa-Pflicht mit Russland sogar „eine Nagelprobe“ für die deutsch-russische Modernisierungspartnerschaft. Dies sei das Beste, was man tun könne, um die vorherrschende „professionelle Routine“ im deutsch-russischen Verhältnis zu überwinden. Kritisch kommentierte Steinmeier den Stand der aktuellen Beziehungen. „Aus meiner Sicht zehren wir zu sehr von politischen Investments der Vergangenheit, ohne neue mutige Investments hinzuzufügen.“ Steinmeier warnte zudem vor enger werdenden Beziehungen zwischen Russland und China und rief zum Dialog mit der neuen russischen Regierung auf: „Es mag derselbe Putin sein, aber es ist nicht mehr dasselbe Russland. Die Menschen sind anspruchsvoller geworden, es gibt mehr Kräfte, die auf Veränderung setzen.“ Ohne Russland seien viele internationale Probleme nicht lösbar, betonte Steinmeier und sagte: „Ich kann nur raten, die Gesprächsfäden, die es gab, nicht dünner werden zu lassen.“

Jahresmitgliederversammlung

Vor dem Abendempfang hatten die Mitgliedsunternehmen des Ost-Ausschusses in ihrer Jahresmitgliederversammlung einstimmig den von Ost-Ausschuss-Schatzmeister Markus Kerber (Hauptgeschäftsführer des BDI) vorgelegten Jahresabschluss 2010 und 2011 gebilligt und Burkhard Dahmen, Vorsitzender des Vorstandes der SMS Siemag, sowie  Dr. Michael Süß, Vorstandsmitglied der Siemens AG, neu in den Ost-Ausschuss-Vorstand gewählt. Damit erhöht sich die Zahl der Vorstandsmitglieder auf acht. Neu ins Ost-Ausschuss-Präsidium aufgenommen wurde Alain Caparros, Vorstandsvorsitzender der REWE Group. Er löst Josef Sanktjohanser ab, der den REWE-Vorstand verlassen hat.

Ausgeschieden nach 29-jähriger Vorstandstätigkeit im Ost-Ausschuss ist zudem Heinrich Weiss, Aufsichtsratsvorsitzender des Anlagenbauers SMS Siemag. Weiss begann sein Engagement im Ost-Ausschuss Ende der 1970er Jahre. 1982 übernahm er die Leitung des Arbeitskreises China, der sich so erfolgreich entwickelte, dass es Mitte der 1990er Jahre zur Gründung des eigenständigen Asien-Pazifik Ausschusses kam, der die Betreuung Chinas und der südostasiatischen Länder vom Ost-Ausschuss übernahm. 

Ost-Ausschuss-Vorsitzender Cordes würdigte Weiss für sein langjähriges Engagement. „Sie sind in eine Dimension vorgestoßen, die vorher nur Otto Wolff erreicht hat.“ Weiss wiederum dankte in seiner Replik für die gute Zusammenarbeit und gab den Ost-Ausschuss-Mitgliedern mit auf den Weg, weiter dem Grundsatz „Wandel durch Handel“ zu folgen, und trotz des bisweilen schnellen Rufs der Politik nach Sanktionen weiter Brücken zu schwierigen Ländern zu bauen.

Andreas Metz
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

 

Ansprechpartner

 Kontakt:

Andreas Metz
Tel: 030 2028-1441
A.Metz@bdi.eu

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