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Deutsche Unternehmen trotzen der Krise

15.01.2009

Umfrage des Ost-Ausschusses zum Geschäftsklima in Russland

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft hat im November dieses Jahres zum fünften Mal eine Umfrage unter seinen Mitgliedsunternehmen durchgeführt, um gerade vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzkrise einen Eindruck vom Geschäftsklima in Russland zu erhalten. Die diesjährige Umfrage wurde zum ersten Mal in Kooperation mit der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer Moskau gestartet. Die Schwerpunkte wurden dabei auf aktuelle Investitionsbedingungen vor Ort, auf die Auswirkungen der Finanzkrise sowie auf die Erwartungen der Unternehmen für die Zukunft gesetzt. 153 Unternehmen haben sich insgesamt zu den Fragen geäußert. Für die Auswertung wurde Anonymität zugesichert.

Die Geschäftslage der deutschen Unternehmen in Russland trotzt vorläufig der Finanzkrise. 67 Prozent der Befragten schätzen die Geschäftslage des eigenen Unternehmens in Russland als gut bis sehr gut ein. Dies ist zwar ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr (83 Prozent), ist aber vor dem Hintergrund der Finanzkrise als positiv zu werten.

Gute Geschäftslage bei 67 Prozent der Unternehmen

Die Umfrage zeigt, dass 62 Prozent der befragten Unternehmen für das Jahr 2009 Investitionen in Russland planen. Rund die Hälfte dieser Gruppe nennt konkrete Summen: insgesamt rund 870 Millionen Euro. Die Einzelsummen der Investitionen reichen dabei von 10.000 bis zu mehreren hundert Millionen Euro. Die anderen Unternehmen nennen keine Zahlen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass alleine die 153 befragten deutschen Unternehmen 2009 deutlich über eine Milliarde Euro in Russland investieren werden. Hauptsächlich soll in die Bereiche Energie, Automobilindustrie und in den Groß- und Einzelhandel investiert werden.

Der laut Umfrage überdurchschnittliche Ausbau der Mitarbeiterzahl bestätigt die positiven Aussichten der deutschen Unternehmen im Russlandgeschäft. Rund 66 Prozent der Unternehmen geben an, den Mitarbeiterstamm erhöhen zu wollen. Drei Prozent der Befragten wollen Mitarbeiter entlassen, während 32 Prozent keine Änderungen in der Mitarbeiteranzahl anstreben.

Insgesamt 37 Prozent (2007: 64 Prozent) der befragten Unternehmen haben im laufenden Jahr eine Verbesserung des Geschäftklimas in der Russischen Föderation festgestellt. Innerhalb dieser Gruppe haben 9 Prozent (2007: 25 Prozent) der Unternehmen eine starke Verbesserung des Geschäftsklimas für deutsche Unternehmen in Russland verzeichnet. Für 28 Prozent (2007: 30 Prozent) der befragten Unternehmen war keine Änderung des Geschäftsklimas sichtbar. 35 Prozent (2007: 6 Prozent) der Unternehmen haben eine Verschlechterung des Geschäftsklimas in den letzten zwölf Monaten festgestellt. Die negative Entwicklung ist insbesondere auf die Auswirkungen der Finanzkrise in Oktober und November 2008 zurückzuführen.

Entsprechend vorsichtig sind auch die Einschätzungen der Unternehmen über das künftige Geschäftsklima in Russland. Gingen im letzen Jahr noch 79 Prozent der Unternehmen von einer positiven Entwicklung des Geschäftsklimas in Russland aus, sind es in diesem Jahr nur noch 46 Prozent der Unternehmen. 30 Prozent (2007: 3 Prozent) erwarten sogar eine nachhaltige Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation im Land.

69 Prozent der Unternehmen erwarten Belastungen durch die Krise

Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der befragten Unternehmen sind davon überzeugt, dass die Finanzkrise negative Auswirkungen auf das Russlandgeschäft haben wird. Während weitere 26 Prozent kaum oder keine Auswirkungen erwarten, sehen 5 Prozent der befragten Unternehmen in der Finanzkrise eine Chance. Für diese Einschätzung sind die Konsolidierung einiger russischer Branchen und die fallenden Rohstoffpreise verantwortlich.

Gefragt nach den Vorteilen des russischen Marktes, heben die meisten Unternehmen die guten Wachstums- und Gewinnchancen, die hervorragende Konsumnachfrage und die Kostenstrukturen in Russland hervor. Neben dem als geringfügig betrachteten Konkurrenzdruck auf dem russischen Markt wurde auch die Steuerlast von den Unternehmen und die Sonderwirtschaftszonen als Vorteil für den Investitionsstandort Russland identifiziert. Als Nachteile gegenüber anderen Investitionsstandorten werden die Zollabwicklung, die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Zertifizierungsvorschriften und die veraltete Infrastruktur angesehen.

Hoffnung auf weitere Reformschritte

Die deutschen Unternehmen erwarten weitere Reformschritte, insbesondere beim Abbau von Bürokratie und der Schaffung von Transparenz, bei den Zoll- sowie Standardisierungs- und Zertifizierungsverfahren und bei der Mittelstandsförderung. Ein starker russischer Mittelstandssektor wird von der mittelständisch geprägten deutschen Wirtschaft als ein Wunschkooperationspartner gesehen. Auch die Migrationsbestimmungen des Landes behindern das wirtschaftliche Miteinander und bedürfen nach Meinung der deutschen Unternehmen einer Überarbeitung.
Gerade bei den Visa-Bestimmungen gibt es aber auch einen klaren Nachholbedarf auf der deutschen beziehungsweise europäischen Seite. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer stehen in enger Abstimmung mit den zuständigen Stellen auf deutscher und russischer Seite, um in diesem Bereich Abhilfe schaffen zu können.

Die deutschen Unternehmen setzen in ihrer Russlandstrategie insbesondere auf die Regionen. Das größte Wachstumspotenzial sehen die befragten Unternehmen in der Region Krasnodar, die sich noch vor den Ballungszentren St. Petersburg und Moskau platzieren konnte. Insbesondere die Bauvorhaben im Zuge der Vorbereitung der Olympischen Winterspiele im Jahr 2014 in Sotschi beflügeln hier die Erwartungen der Unternehmen. Der Ost-Ausschuss unterstützt bereits seit Dezember 2007 mit seiner Arbeitsgruppe „Sotschi 2014“ die deutsche Wirtschaft in dieser Region. Auch Sibirien, die Nord-West-Regionen sowie die Regionen Zentralrusslands stehen hoch im Kurs bei deutschen Unternehmen.

Eduard Kinsbruner
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

Ansprechpartner

Kontakt:

Eduard Kinsbruner
Tel. 030 2061-67122
E.Kinsbruner@bdi.eu

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