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Deutsche Unternehmen auf der Seidenstraße

03.09.2012

Ost-Ausschuss-Delegation in Kirgistan und Tadschikistan

Kirgistan und Tadschikistan gehören nicht zu den wirtschaftlichen Schwergewichten in Zentralasien. Nur selten verirren sich deshalb Unternehmensdelegationen in die beiden Länder. Nicht zuletzt deswegen ist deren Wahrnehmung in der deutschen Business-Community auch sehr schwach und unscharf. Grund genug, entschied der Ost-Ausschuss in seinem 60. Jahr, die Veränderungen in den letzten Jahren unmittelbar in Augenschein zu nehmen und vor Ort zu schauen, welche Geschäftsmöglichkeiten bestehen.

Vom 3.-7. September 2012 reiste eine Delegation deutscher Unternehmen nach Kirgistan und Tadschikistan. Ihr gehörten über 20 Unternehmensvertreter an, die damit die größte deutsche Wirtschaftsdelegation bildeten, die beide Länder besuchte. Organisiert wurde die Reise gemeinsam vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und dem Ost-Ausschuss in Kooperation mit der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien sowie beim Tadschikistan-Teil gemeinsam mit der Deutschen Energieagentur (dena). 

Sondierungsarbeit in Bischkek

Der Zeitpunkt war politisch nicht optimal – in den Tagen der Anwesenheit in Bischkek kam es zu einer Regierungsumbildung. Dennoch hatte die Delegation Gelegenheit zu einigen politischen Gesprächen. So kam es u.a. zu einem Treffen mit Vize-Premierminister Djoomart Otorbaew, der durch die Regierungsumbildung zum 1. Vize-Premierminister ernannt wurde. 

Otorbaew betonte die Bedeutung der Wirtschaft für den Aufbau des Landes. Der friedliche und verfassungskonforme Regierungswechsel belege, dass das Land einen demokratischen Weg gehe und es daher keine wesentlichen Risiken mehr für Handel und Investitionen gebe. Die vom Vize-Premier beschriebene geplante Perspektive des Beitritts Kirgistans zur Zollunion mit Russland. Kasachstan und Belarus eröffne neue Absatzmärkte für im Land produzierte Waren. 

Zeitgleich mit dem Besuch der Unternehmensdelegation war ein Neuanfang der seit zehn Jahren ruhenden Regierungsarbeitsgruppe Handel und Investitionen vorgesehen. Diese Sitzung konnte allerdings nicht wie geplant durchgeführt werden, da grundsätzliche Verständnisprobleme bezüglich Ziel und Zweck der Sitzung deutlich wurden. Die kirgisische Seite orientierte schwerpunktmäßig auf Themen der Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungsprojekte, mit entsprechenden Finanzierungswünschen. Dies entspricht übrigens auch nicht dem erklärten Ziel von Präsident und kirgisischer Regierung, ausländische Investitionen ins Land zu holen, um das Wirtschaftswachstum zu stärken.

Im Rahmen eines Wirtschaftsforums am 3. September unter Leitung des Vize-Wirtschaftsministers Sanzhar Mukanbetow wurden Informationen zur wirtschaftlichen Lage und Entwicklung sowie Investitionsmöglichkeiten - einschließlich rechtlicher Rahmenbedingungen - vermittelt. Die Gespräche am Rande des Forums nutzten die Delegationsteilnehmer für erste Kontaktanbahnungen zu kirgisischen Unternehmen.

Bei einem Termin der Delegation mit der kirgisischen Handelskammer stellte deren Präsident Marat Sharshekeew insbesondere die sich in Kirgistan bietenden Möglichkeiten im Rohstoffsektor heraus und betonte das Interesse der Handelskammer an einer Ausweitung der Zusammenarbeit mit Deutschland. Er informierte über eine bei der Kammer gegründete Arbeitsgruppe für deutsch-kirgisische Wirtschaftsbeziehungen, die durchaus ein Ansatzpunkt für weitere Kontakte sein dürfte. 

Ein Besuch der Zigarettenfabrik Reemtsma in Bischkek und des Flachglaswerkes der Firma Steinert Interglass in Tokmok vermittelte lebendige Erfahrungen zweier deutscher Investoren in dem Land. Ebenfalls wurde ein Kooperationsprojekt der Westsächsischen Hochschule Zwickau mit der Kirgisischen Staatsuniversität für Bauwesen, Verkehr und Architektur besucht. Außerdem konnten einzelne Unternehmensvertreter Fachgespräche in Branchenministerien und staatlichen Agenturen führen.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Kirgistan derzeit noch zu wenig auf die Anforderungen und Erwartungen westlicher Unternehmen eingestellt ist. Möglichkeiten für Wirtschaftsprojekte sind partiell vorhanden, insbesondere in den Branchen Lebensmittelverarbeitung, Bergbau, Energie und Infrastruktur. Dem stehen allerdings Rechtsunsicherheit und Kapazitätsmängel in den zuständigen Behörden gegenüber. 

Erneuerbare Energien prägen die Gespräche in Duschanbe

Am 6. und 7. September weilte die Delegation, verstärkt um die dena, in Duschanbe. Hier wurde sie durch Präsident Emomalii Rahmon, Wirtschaftsminister Sharif Rahimzoda, dem Minister für Energie und Industrie Sherali Gul, dem Vorsitzenden des Investitionskomitees Davlatali Saidow sowie dem Oberbürgermeister von Duschanbe Mahmadsaid Ubaidulloew hochrangig empfangen. Im Mittelpunkt der Gespräche stand das Thema Energie einschließlich Erneuerbare Energien, vor allem Wasserkraft, sowie Energieeffizienz. 

Bei Treffen mit Präsident Rahmon äußerte sich dieser anerkennend über die bilaterale Zusammenarbeit sowie über deutsche Produkte. Er verwies auf das weitgehend ungenutzte Wasserkraft-Potential seines Landes sowie den riesigen Bedarf an Hydro-, Bau- sowie sonstigen Infrastrukturprodukten und -Dienstleistungen. Er äußerte großes Interesse an und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen, unter anderem bei Wasserenergie und Infrastrukturprojekten, einschließlich der Rehabilitation alter Industrieanlagen. Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Rainer Lindner erklärte gegenüber dem Präsidenten die Bereitschaft der deutschen Wirtschaft, sich in dem zentralasiatischen Land zu engagieren.

Daneben fanden bilaterale Termine zwischen einzelnen Firmen und tadschikischen Partnern des öffentlichen und privaten Bereichs statt.

Bei einem Treffen mit den im Land aktiven internationalen Finanzinstituten und Gebern (u.a. ADB, EBRD, EU-Delegation, World Bank, IFC, Aga-Khan-Stiftung, GIZ, KfW und Access Bank) berichteten diese über ihre Programme und Erfahrungen sowie direkte und indirekte Finanzierungsmöglichkeiten durch multilaterale Geber. 

Der Oberbürgermeister von Duschanbe Ubaidulloew informierte über das Interesse der Stadt an Projekten der Wasserver- und -entsorgung, Müllverarbeitung sowie am Bezug von PKW und Kleinbussen. Ein weiterer vorrangiger Bereich sei die Energieeffizienz: Aufgrund schlechter Installationen der städtischen Energieleitungen gingen zwischen 15 und 20 Prozent der Energie allein beim Transport und der Verteilung verloren.

Der Vorsitzende des Investitionskomitees Saidow informierte, dass sein Komitee gegründet wurde, um ausländischen Partnern den Eintritt auf den tadschikischen Markt zu erleichtern. Tadschikistan sehe Bedarf für Projekte in der Größenordnung von zwei Milliarden US-Dollar. Dies betreffe vor allem die Sektoren Energie, Wasser, Infrastruktur, Bildung und Gesundheit, daneben aber auch den Rohstoffsektor, die Obst- und Gemüse- sowie Baumwollverarbeitung und nicht zuletzt den Tourismus. Der Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Rainer Lindner lud das Investitionskomitee zu einer Präsentation nach Deutschland im kommenden Jahr ein. Bereits Ende 2011 hat der Ost-Ausschuss ein MoU mit dem Staatskomitee für Investitionen und Verwaltung Tadschikistans unterzeichnet, um die Zusammenarbeit auf eine neue Basis zu stellen. 

Die beiden Länder wollen Ihre strategische Bedeutung für die deutsche Wirtschaft weiterhin ausbauen und sich dementsprechend in der Region positionieren. Gleichzeitig bestehen ein großer Modernisierungsbedarf und ein entsprechendes Modernisierungsbestreben in den Ländern. Die Chancen für deutsche Unternehmen sind vorhanden, es geht jetzt darum, die notwendigen Rahmenbedingungen vor Ort zu schaffen.

Dr. Marin Hoffmann
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

 

Ansprechpartner

 

Kontakt:

Dr. Martin Hoffmann
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