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Der lange Weg zur EU-Mitgliedschaft

26.11.2009

Parlamentarischer Abend des Ost-Ausschusses mit Kroatiens Staatspräsident Stipe Mesic

In seiner Amtszeit wird Kroatiens Präsident Stjepan „Stipe“ Mesic den EU-Beitritt seines Landes nicht mehr erleben. Diese endet im Februar 2010. Doch das Ziel, nach dem NATO-Beitritt im Frühjahr 2009 nun auch EU-Mitglied zu werden, ist zum Greifen nahe. Dies ist nicht zuletzt dem Mann mit dem Vollbart zu verdanken, der Anfang der 90er Jahre für kurze Zeit der letzte Präsident der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien war und in den nun bald zehn Jahren als kroatischer Präsident sein von den Balkankriegen hart getroffenes Land konsequent nach Westen steuerte.

Mesic war am 25. November Ehrengast des 3. Parlamentarischen Abends des Ost-Ausschusses, an dem im Berliner Hotel Adlon über 140 Gäste aus dem Bundestag, von Botschaften und Wirtschaftsunternehmen teilnahmen.

In seiner Einführungsrede würdigte Ost-Ausschuss-Vorsitzender Klaus Mangold die historische Leistung des bald 75-jährigen Mesic, sein Land erfolgreich durch einen schwierigen Transformationsprozess geführt zu haben. Mit Blick durch das Saalfenster auf das Brandenburger Tor betonte Mangold: „20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer haben wir in Deutschland allen Grund, an die großen Leistungen der Menschen in Ost- und Südosteuropa zu erinnern.“ Der Ost-Ausschuss-Vorsitzende verknüpfte dies mit der Aufforderung an die EU, an der 2003 in Thessaloniki gegebenen Beitrittsperspektive für alle Balkanstaaten festzuhalten. Mit Blick auf das wirtschaftlich schwere Jahr 2009 sagte Mangold: „Die Krise hat noch einmal verdeutlicht, dass wir alle in einem Boot sitzen. Je schlechter es den Ländern in Ost- und Südosteuropa geht, desto schlechter geht es auch uns. Wir müssen daher alles dafür tun, dass die Region in den kommenden Jahren wieder prosperiert.“ Inzwischen gebe es aber allen Grund dazu, optimistisch ins Jahr 2010 zu gehen.

Präsident Mesic forderte in seiner Rede die deutsche Wirtschaft dazu auf, mehr in die exportorientierte Wirtschaft seines Landes zu investieren. Das Ungleichgewicht im bilateralen Handel müsse überwunden werden. Im Jahr 2008 hatte Deutschland Waren im Wert von 2,7 Milliarden Euro nach Kroatien geliefert und Waren im Wert von 800 Millionen Euro abgenommen. Im ersten Halbjahr 2009 sanken bedingt durch die Wirtschaftskrise die Exporte nach Kroatien um 21 Prozent und die Importe um 14 Prozent, was im Vergleich zu vielen anderen Staaten des östlichen Europa noch moderate Werte sind. Anfang Oktober hat der Ost-Ausschuss mit einer Wirtschaftsdelegation Kroatien besucht und dabei über Kooperationsprojekte in den Bereichen Energie, Tourismus, Agrar und Infrastruktur gesprochen. Diese Themen wurden im Vorfeld des Parlamentarischen Abends in einem Wirtschaftsgespräch von Mitgliedsunternehmen des Ost-Ausschusses mit dem kroatischen Präsidenten vertieft.

In seiner Rede warnte Mesic seine Landsleute davor, sich zu sehr auf den Tourismus als Rückgrat der Wirtschaft zu verlassen. Dieser sei saisonabhängig, erfordere hohe Investitionen in die Infrastruktur und böte wenig Ansätze für Produktivitätssteigerungen. „Wir müssen mehr in die verarbeitende Industrie investieren, sonst wird der Traum vom Aufholprozess ein schöner Traum bleiben.“

Kein Traum wird der Beitritt Kroatiens zur EU bleiben. Zuletzt war zwischen Slowenien und Kroatien im Streit um einen Küstenabschnitt an der Adria ein Kompromiss gefunden worden, der die Anrufung eines internationalen Schiedsgerichtes vorsieht. „Wir hoffen nun sehr, innerhalb des nächsten Jahres Mitglied der EU zu werden“, sagte Mesic in Berlin. Mit besonderer Sorge betrachtete der Präsident die Entwicklung in Bosnien und Herzegowina. Mesic rief die EU dazu auf, nicht nur Serben, Mazedoniern und Montenegrinern, sondern auch die Bürger von Bosnien und Herzegowina von der Visapflicht zu befreien und empfahl der kroatischen und der serbischen Minderheit des Landes, Sarajevo als ihre Hauptstadt und Bosnien und Herzegowina als ihr Land zu betrachten. „Wir müssen versuchen, den Hass zu eliminieren, der während der Kriege entstand.“ Mesic hob dabei die Rolle der EU hervor: „Die europäischen Grundsätze sind die größten Friedensgaranten auf dem Balkan.“

Andreas Metz
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft 

Ansprechpartner

Kontakt:

Anja Quiring
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A.Quiring@bdi.eu

 

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