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Jahresempfang im Getreidespeicher

19.07.2017

Ost-Ausschuss lud Mitglieder und Partner an den Berliner Osthafen ein / Kritik an US-Sanktionsplänen

Ein historischer Getreidespeicher am Berliner Osthafen wurde am 12. Juli 2017 Schauplatz der Jahresveranstaltung des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. Nachdem tagsüber Vorstand, Präsidium und Mitglieder des Ost-Ausschusses in den verschiedenen Gremien getagt hatten, versammelten sich am frühen Abend rund 150 Gäste in diesem Denkmal der Berliner Industriegeschichte, darunter Mitglieder und Partner des Ost-Ausschusses, politische Prominenz wie der Ostbeauftragte der Bundesregierung Gernot Erler und der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger sowie viele Vertreter osteuropäischer Botschaften. Gastredner des Abends war Markus Ederer, Staatssekretär im Auswärtigen Amt und designierter EU-Botschafter in Moskau.

In seiner Einführung informierte Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms über Ergebnisse der Gremiensitzungen. Bemerkenswert sei insbesondere, dass sich die Gefühlslagen in der Politik und der Wirtschaft derzeit sehr unterschiedlich entwickelten. Trotz einer Reihe von Krisenfaktoren wie des Brexits, des Ukraine-Konflikts, international zunehmendem Protektionismus und Populismus sei die Stimmungslage in der Wirtschaft gut. „Die Konjunktur in ganz Europa zieht spürbar an, die deutsche Wirtschaft ist in hervorragender Verfassung. Und gerade aus unserer Region Osteuropa kommen wichtige Wachstumsimpulse“. Insgesamt seien die deutschen Exporte in die 21 Ost-Ausschuss-Länder im ersten Drittel des Jahres 2017 um 16 Prozent gewachsen. „Wir liegen damit deutlich besser, als der deutsche Handel insgesamt.“ Erfreulich sei insbesondere, dass es in der Ukraine wieder Wachstum gebe und die Menschen dort inzwischen Resultate des Reformprozesses sähen. Dazu trüge zudem die Einführung der Visafreiheit für ukrainische Staatsbürger durch die EU bei.

US-Sanktionspläne „inakzeptabel“

Trotz Sanktionen zeichne sich auch für Russland in diesem Jahr wieder ein leichtes Wirtschaftswachstum ab. „Russlands Interesse an einer Einbindung in europäische Wertschöpfungsketten wächst wieder, das gegenseitige Vertrauen nimmt wieder zu“, so Harms. Neue Projekte könnten jetzt dabei helfen, auch den politischen Ausgleich mit Russland zu erleichtern. Besorgniserregend für den Annäherungsprozess seien allerdings die US-Pläne für neue Russland-Sanktionen, die auch Partner russischer Konzerne treffen könnten. „Wir halten die exterritoriale Anwendung von US-Sanktionen für inakzeptabel“, betonte Harms. Vor allem europäische Pipeline-Projekte, an denen russische Unternehmen beteiligt sind, könnten unter die neuen Sanktionen fallen. Neben der Ostsee-Pipeline „Nordstream 2“ beträfe dies auch Leitungen aus Richtung Kasachstan und Aserbaidschan nach Europa.

Staatssekretär Markus Ederer berichtete seinerseits von Gesprächen in Washington, in denen die Sorgen der Europäer bezüglich sekundärer bzw. exterritorialer Sanktionen „stark angesprochen“ worden seien. Es bestünde die Gefahr, dass ein innenpolitisch motiviertes Gesetz zu „außenpolitischen Kollateralschäden“ führen könnte. Generell müsse leider konstatiert werden, dass die politischen Beziehungen mit Russland durch das russische Vorgehen in der Ostukraine auf einem Tiefpunkt seien. „Wir sollten dies aber nicht als Dauerzustand akzeptieren“, sagte Ederer. Eine Rückkehr zum Status quo vor der Ukraine-Krise sei zwar unmöglich. Möglich sei es aber, gemeinsame Interessensgebiete zu definieren. Ederer nannte hier die Themen Syrien, Nordkorea, die Zusammenarbeit im Ostseerat und in der Arktis, den Kampf gegen Terrorismus und die Rüstungskontrolle. Ederer sprach sich außerdem für technische Gespräche zwischen der EU und der Eurasischen Wirtschaftsunion aus, in der neben Russland vier weitere Länder Mitglied sind. „Es darf nicht sein, dass die EAWU von uns ignoriert zunehmend chinesische Normen einführt.“

Deutlich wandte sich Ederer hingegen gegen Desinformationskampagnen und Cyberattacken sowie russische Versuche, die EU politisch zu spalten. Auch die Verbringung von Siemens-Turbinen auf die Krim entgegen bestehender Verträge kritisierte er nachdrücklich. Dies habe Vertrauen zerstört.

Generell warb Ederer in seiner Analyse für einen stärkeren wirtschaftlichen Austausch in Osteuropa und Zentralasien. Die Region müsse mehr als Raum für Kooperation und weniger in Kategorien politischer und militärischer Konkurrenz begriffen werden. Die Länder in der Region seien von ihrer Identität her in verschiedene Richtungen orientiert. Sie sollten daher nicht vor die Wahl gestellt werden, sich für oder gegen die EU, Russland oder China zu entscheiden. Ederer nannte das Beispiel eines deutschen Unternehmens, das zusammen mit russischen Partnern im zentralasiatischen Tadschikistan mit chinesischer Finanzierung Solarkraftwerke entwickelt. „Solche Projekte sollten Schule machen!“

Den anschließenden Empfang im Spreespeicher nutzten die Gäste für ausgiebiges Networking. In der Golf Lounge hatten Sie dabei auch die Gelegenheit, zum Schläger zu greifen und mit dem Golf-Simulator Abschläge zu trainieren. Trotz regnerischen Wetters wagten sich einige auch hinaus auf die Spreeterrasse und gönnten sich mit direktem Blick auf die Berliner Oberbaumbrücke eine Zigarrenpause.

Andreas Metz
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

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